DB Navigator im App-Test: Die mobile Unabhängigkeitserklärung

Die Bahn hat vor wenigen Wochen ihre erste App für das iPhone vorgestellt. Nach dem Test ist uns klar: Es scheint in der Tat die erste brauchbare Anwendung zu sein, die Unabhängigkeit beim Reisen verschafft. Die App hat noch zahlreiche Fehler und Schwächen, und doch ist sie gewissermaßen konkurrenzlos.

Eine Routenplanung von meinem Wohnung in Bonn bis Hannover-Linden direkt vor die Haustür eines Freundes. Was die Website der Deutschen Bahn schon seit Jahren kann, hat erstaunlich lange gedauert, bis es aufs iPhone kam: eine zuverlässige, einfach zu bedienende App für Nah- und Fernverkehr.

Problem bisher nicht zufriedenstellend gelöst

Das Problem ist nach wie vor eins der grundlegendsten der Personenbeförderung – und eins der bisher ungelösten: Wie komme ich von dort, wo ich gerade stehe, zum Ort meines Termins? Und zwar nicht mit dem Auto, wo immer bessere Navigationsgeräte die Problematik schon seit Jahren beherrschen, sondern mit Bus und Bahn.

DB Navigator
Schön: Die App zeigt den Grund für eine mögliche Verspätung an, die sich in diesem Fall übrigens nicht bewahrheitete: Es kam ein Ersatzzug – pünktlich.

Umso erstaunlicher, dass es so lange gedauert hat! FahrInfo ist eine tolle App für den Nahverkehr in Berlin, Stuttgart, Nürnberg oder Dresden. Der ganze dreckige Rest der iPhone-Republik musste sich mit der App ZugInfo behelfen. Doch die konnte aufgrund gravierender Instabilität und teils fragwürdiger Bedienung von uns kaum getestet werden.

Die Verkehrsverbände machen es Entwicklern aber auch nicht gerade leicht. Dass es für Dresden, Nürnberg und Berlin derartige Apps gibt, liegt auch daran, dass die dortigen Verkehrsverbände entweder offene APIs oder wenigstens auf eigene Faust eine App zur Verfügung gestellt haben.

Sich einfach mal suchen lassen

Die Bahn hatte die Verkehrverbünde hingegen schnell für eine Kooperation mit der Online-Datenbank gewonnen. Zwei Jahre hat es dafür jetzt gedauert, bis die umfangreiche Datenbanksuche als App für das iPhone erschienen ist.

Und die ist in der Tat so geworden, wie ich mir eine Reiseauskunft immer gewünscht habe: Man gebe einen Startpunkt an oder lasse sich per GPS lokalisieren, tippe Ziel und Uhrzeit ein und lasse mal suchen. Meine bisherigen Tests waren allesamt erfolgreich. Ich konnte zwischen mehreren Zügen wählen und mir die Verbindungen sauber geordnet anzeigen lassen. Die App behält die gewählte Verbindung als Lesezeichen im Speicher, für späteres Nachschlagen.

DB Navigator
Hier stimmt was nicht: Abfahrt 16:17 Uhr, Ankunft 16:28 Uhr = Fahrzeit 32 Minuten?!

Was sehr praktisch ist: Die Datenbanksuche lässt sich auch alleine für den lokalen Nahverkehr suchen, selbst wenn eine Bahn-Verbindung gar nicht mit im Spiel ist. Somit lässt sich mit DB Navigator auch der nächste Bus suchen, der einen fünf Haltestellen weiter zum nächsten Supermarkt bringt.

Mobiler Ticketkauf ist eher mäßig

Natürlich hat DB Navigator auch Nachteile. Zwar werden die Verbindungen angezeigt, nebst möglicher Verspätung und Grund des Ausfalls. Den Preis für eine Verbindung erfährt man in der Übersicht aber nicht. Eine Fahrt buchen können soll man direkt per iPhone. Hat man sich aber eine Verbindung ausgesucht, wird man zu einer Unterseite weitergeleitet, die wie eine Online-Version der Bahn-Homepage anmutet. Man muss dort mit deutlich weniger Komfort erneut seine Verbindung heraussuchen und auswählen und erfährt dann erst den Preis. Das sind mehrere Schritte zu viel.

Nicht ganz so akkurat ist auch die Synchronisation mit der Zeit wie in den Screenshots unten und oben zu sehen. Irgend etwas scheint da nicht zu stimmen…

DB Navigator
Gesucht am 25. Januar um 23:26 Uhr. Die App sucht aus irgend einem Grund nach einer Verbindung drei Tage früher…

Erst reisen, dann suchen

Trotz aller Fehlerchen halte ich DB Navigator für eine der sinnvollsten Apps überhaupt seit Erfindung des iPhones. Problemlose Navigation und ständige Info darüber, wie man von A nach B kommt, ist damit möglich. Man kann auf einer Party ganz einfach per App seine Heimreise planen, ohne – wie spießig – erst den Rechner des Gastgebers benutzen zu müssen.

Man kann direkt in seinen Zug steigen ohne sich vorher am DB-Schalter die Reiseroute ausdrucken zu lassen. Man kann in eine Straßenbahn einsteigen und sich dann erst Gedanken machen, wie man eigentlich an seinen Zielort kommt. Man kann eine Reise antreten und sich vor Ort entspannt überlegen, wie man eigentlich zurück kommt.

Das IST die mobile Unabhängigkeitserklärung.

9 Gedanken zu „DB Navigator im App-Test: Die mobile Unabhängigkeitserklärung“

  1. Die Zeiten beinhalten Fusswege, die vor und nach den Abfahrtszeiten hinzukommen… insofern stimmt das schon.

  2. Man könnte sagen, die App ist das einzige gelungene Produkt der Bahn überhaupt. Wenn das Reisen selbst nur halb so bequem (und schnell) wäre wie die Verbindungssuche mit dieser App… ach lassen wir das träumen!
    Ein häufiger Fehler bei mir: Vormals benutzter Ankunfts- oder Abfahrtsort wird plötzlich als “unbekannt” ausgewiesen. Und GPS hat jede Provinzbushaltestelle ausgegeben, nur den Hamburger Hbf nicht, auf dem ich stand! ;-)

  3. Und nicht vergessen, es liegt HAFAS dahinter, dies bedeutet es geht nicht nur in Deutschland sondern auch in ganz Europa sogar bis Peking. Je nach Datenbestand nur Bahn oder auch Busse und Strassenbahnen.
    Kleine Unzulänglichkeiten des Programms werden bestimmt noch in Zukunft behoben werden. Z.B. dass die Abfrage nicht NOW ( Jetzt) als Grundeinstellung verwenden.

  4. @Björn: Ähnliche Erfahrungen habe ich mit dem GPS auch gemacht. Vielleicht wird’s ja noch besser.

    @Willy: Hab gerade mal spaßeshalber Peking, Moskau, London, Paris, Brüssel als Ziel eingegeben: “keine Verbindungen gefunden”. Die sind wohl noch nicht so weit?

  5. @Jürgen Dann muss was schiefgelaufen sein. Berlin-Moskau ist kein Problem und in Europa funktioniert alles bis zum kleinsten Bahnhof in Portugal.

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