Apple will kein Flash mehr – aber was ist mit HTML5?

Steve Jobs kann ich zu seiner Entscheidung, kein Flash auf iPhone, iPod und iPad zuzulassen, nur gratulieren. Selbstverständlich fiel diese Entscheidung nicht, weil er vielleicht persönlich auch von Flash genervt war, sondern weil es um finanzielle Interessen geht. Der Blogger Charlie Stross findet sogar, es gehe um die Zukunft von Apple insgesamt.

Seien wir ehrlich: Flash ist fällig.

  • Jahrelang haben uns dumme und lächerliche Flash-Intros genervt.
  • In Form von Werbung nervt Flash noch heute – nicht mit Animationen sondern auch mit Musik und Geräuschen, die ohne Vorwarnung losdudeln.
  • Flash-Seiten kann man nicht indexieren oder durchsuchen.
  • Sie sind nicht barrierefrei für Menschen, die Screenreader benutzen.
  • Auf dem Mac ist Flash seit Jahren instabil und bringt den Browser immer mal wieder zum Absturz (unabhängig davon, ob Firefox, Safari oder ein anderer).
  • Flash ist eine der größten Sicherheitslücken, die man in seinen Browser einbauen kann.
  • Das Flash-Cookie ist ein perfektes Instrument, um Surfprofile über viele Webseiten hinweg anzulegen und dabei sämtliche Sicherheitseinstellungen des Browsesrs und des Betriebssystems zu umgehen.

Seit Jahren bin ich nun schon mit Flashblocker unterwegs, und ich lasse mir den Flash-Inhalt eigentlich nur noch für Videos anzeigen. Genau dafür wird es aber in Zukunft nicht mehr gebraucht. Egal ob Animationen oder Video: HTML5 erledigt den Job ohne all die Nachteile und mit einem offenen Standard. Wenn Steve Jobs ein wenig dabei mithilft, Flash zu töten, freut mich das nur.

Steve Jobs kennt diese Punkte und fügt der Argumentation noch hinzu, dass Flash kein offener Standard sei oder den Grafik-Prozessor des iPad nicht unterstütze, was zuviel Akku-Laufzeit koste, oder auch dass Flash schlicht nicht für die Fingerbedienung auf Touchscreens ausgelegt sei. Mag alles sein, aber der Grund für Apples Flash-Blockade ist ein anderer: Flash dient nun mal dem Zweck, Anwendungen plattformübergreifend laufen zu lassen. Übrigens genau wie Java, das es ebenfalls bis heute nicht auf die kleinen mobilen Apple-Geräte geschafft hat und aus den gleichen Gründen nicht schaffen wird.

Warum aber ist es so wichtig, dass Anwendungen ausschließlich über iTunes und den AppStore verbreitet werden? Sicherheitsgründe mögen eine Rolle spielen, aber nach der Theorie von Charlie Stross geht es um die Zukunft von Apple. Bereits seit Jahren ist absehbar, dass mit Hardware immer weniger Geld zu verdienen ist. Computer werden permanent schneller und billiger. Die Produktion von Computern ist ein extrem durchrationalisiertes Massengeschäft mit minimalen Gewinnmargen in welchem Apple sich nur halten konnte, weil sie das obere Marktsegment bedienten. Charlie Stross sieht hier eine Krise der Hard- und Software-Hersteller voraus, die Apple durch die Schaffung neuer Märkte umgehen will.

Ein schönes Beispiel sind Drucker, die weit unter Preis verkauft werden, was sich die Hersteller dann aber mit überteuerter Tinte zurückholen. Sichtbares Zeichen dafür, dass sich Apple längst nicht mehr als Hardware-Hersteller sieht, ist die Umbenennung von „Apple Computer Inc.“ in „Apple Inc.“. In einem äußerst schwierigen Markt einen profitablen Verkaufskanal für Inhalte hinzukriegen, ist die eigentliche Innovation, die Steve Jobs seit der Vorstellung von iPod und iTunes auf immer neue Weise vorexerziert. Mittlerweile ist klar, dass hier das Geschäftsmodell von Apple liegt und nicht im Verkauf von Hard- oder Software. Google verfolgt aus etwas anderer Ausgangslage eine ganz ähnliche Strategie, wie Marcel Weiß in seinem Blog ausführt.

Aber nicht nur die goldenen Zeiten der Hardware-Hersteller sind vorbei: Der Vertrieb von Software bereitet die gleichen Probleme. Nicht Linux & Co. graben den Software-Herstellern das Wasser ab: Es ist die Cloud, die mit immer neuen webbasierten Diensten und Anwendungen dafür sorgt, dass es egal ist, welche Plattform wir verwenden und auf welchem Gerät wir arbeiten. Software kämpft mittlerweile mit den gleichen Problemen wie zum Beispiel der Journalismus: Geld verlangen wird immer schwieriger, weil etwas ähnliches ein paar Klicks weiter umsonst zu haben ist.

Apple konkurriert nicht in erster Linie mit dem iPhone gegen andere Handys und auch nicht mit dem iPad gegen andere Tablett-Rechner, sondern mit dem App Store gegen gegen andere Plattformen. Auf klassischen Computern und Laptops wäre der Versuch, einen App Store zu starten, ein Witz. Mittlerweile verlagert sich unsere Computer-Nutzung jedoch nicht nur in die Cloud, sondern dank WLAN und UMTS mit immer höheren Bandbreiten auf Smartphones und demnächst wohl auf Tablets, wo es bis heute kaum einheitliche Standards gibt. Apple will, dass dies so bleibt. Sie haben derzeit als einziger Anbieter eine funktionierende und akzeptierte Plattform für Inhalte von Software über Texte und Musik bis hin zu Videos, die hoch profitabel ist.

Apple muss also sein Mobill-System abschotten und verhindern, dass über Hintertüren beliebige Anwendungen darauf laufen. Bleibt nur ein Haken: Über kurz oder lang wird mit HTML5 alles möglich sein, wofür heute noch Flash benötigt wird. Erste Anwendungen gibt es bereits. Bisher hat Apple HTML5 immer unterstützt, aber können sie das in Zukunft noch tun?

Würde Apple darauf vertrauen, dass die Anwender den App Store aus reiner Bequemlichkeit nutzen: Flash könnte ihnen völlig egal sein. Sollte die Theorie von Charlie Stross stimmen, müsste Apple früher oder später damit anfangen, HTML5 auf seinen Geräten zu beschneiden. Sagen wir: „Aus Sicherheitsgründen“ diese oder jene für webbasierte Anwendungen essenzielle JavaScript-Funktion nicht mehr unterstützen, um das Web wieder auf ein Web 1.0 zurück zu stutzen und iDing-Anwender zur Nutzung von Apps zu zwingen.


 
 
 

3 Kommentare zu “Apple will kein Flash mehr – aber was ist mit HTML5?”

  1. Martin Grandrath - 3. Mai 2010 um 21:09

    Ich kann deinen Ausführungen nur zustimmen und möchte noch einen weiteren Aspekt ergänzen und zwar Apples Werbekonzept iAd. Nach wie vor ist es so, dass Werbeinhalte auf Webseiten mit Hilfe von Flash umgesetzt werden. Unterstützt das iDevice(*) kein Flash, ist das Web nicht nur video- sondern — abgesehen von statischen Bannern und Texteinblendungen — nebenbei auch werbefrei.

    Mit anderen Worten, wer interaktive Werbeinhalte auf das iDevice bringen will, kommt an iAd nur schwerlich vorbei. Darüber hinaus werden Verlage dazu motiviert, Benutzer von iDevices systematisch von ihren Onlineangeboten auszuschließen und ihre Inhalte nur noch über Apps mit Werbefläche anzubieten.

    In diesem Szenario gewinnt Apple gleich mehrfach:

    – Apple streicht 40% der Werbeeinnahmen ein.

    – Verlage bauen Apps, d.h. die werbewirksame Zahl der Apps im AppStore steigt weiter.

    – Sollte die Zahl der iDevice-User eine kritische Masse erreichen, könnte es sich für Verlage und andere Contentanbieter lohnen, ihren regulären Onlineauftritt zu schließen bzw. stark zu reduzieren und Inhalte nur noch über Apps anzubieten, d.h. es entstünde Content, der nur noch und exklusiv per iDevice konsumierbar wäre, d.h. die Plattform gewinnt weiter an Attraktivität.

    Schöne neue Apple-Welt.

    (*)iDevice steht stellvertretend für iPhone, iPod, iPad und zukünftige hermetisch verschlossene Systeme aus dem Hause Apple.

  2. Robert - 4. Mai 2010 um 01:14

    Ich finde Flash so und so sinnlos. Vlt. für Promi-Webseiten oder Spiele ideal, aber sonst. Naja, was weiß ich schon… :-)

  3. Tweets die YuccaTree Post + » Apple will kein Flash mehr – aber was ist mit HTML5? erwähnt -- Topsy.com - 4. Mai 2010 um 16:43

    [...] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Enno Park, Boris Hofferbert, mazdermind, lioman, Petra von Rhein und anderen erwähnt. Petra von Rhein sagte: Apple will kein Flash mehr – aber was ist mit HTML5? http://bit.ly/cO5syN [...]

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