Kommenden Monat beginnt beim WDR und bei anderen nicht privaten Sendern „das große Löschen“. 80-90% der produzierten Inhalte müssen aus dem Web getilgt werden. Der Medienstaatsvertrag zwingt die Sender dazu. Auch wenn ich dem Thema GEZ, öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Gebühren für „neuartige Empfangsgeräte“ sehr ambivalent gegenüberstehe: Das ist eine millionenschwere Vernichtung von Inhalten, für die wir (nahezu) alle schon längst bezahlt haben.
Als es vor einigen Jahren losging mit dem Thema Rundfunkgebühren für Internet-PCs war ich sehr sauer. Ich hatte vor ziemlich genau 10 Jahren meinen Fernseher verschenkt, kurz nachdem ich das erste DVD-ROM-Laufwerk in meinem PC hatte, und war seither auch ohne Fernsehen ziemlich glücklich. Niemand hat ARD und ZDF gebeten, ihren Kram ins Netz kippen. Auf deren Webseiten war ich wenn, dann äußerst selten und durch Zufall gelandet. Welche Dreistigkeit der Sendeanstalten und Ministerpräsidenten steckt eigentlich dahinter, trotzdem die Hand aufzuhalten?
Fernsehen, also das was offenbar die Grundversorgung darstellen soll, besteht weitestgehend aus Serien, „Wetten, dass…?“ und Musikantenstadl. Die Tagesschau erweckt nur den Anschein von Informiertheit, die schon vor Aufkommen des Web eine Illusion war. Wir hatten in der Schule mal ein Experiment gemacht und uns im Unterricht eine Tagesschau auf Video angesehen. Anschließend sollten wir aus der Erinnerung aufschreiben, welches eigentlich die Nachrichten des Tages waren. Das Ergebnis war äußerst ernüchternd. Jede „Zeitung“ (egal, ob nun online oder offline und einschließlich der Blogosphäre als ganzes) informiert genauer und umfassender, während im TV wirklich interessante Beiträge immer wieder in Nischenkanäle und auf abwegige Sendeplätze verschoben werden.
Dieser Meinung bin ich nach wie vor, obwohl sich heute ein paar Dinge verschoben haben. Es geht um den Journalismus. Der macht uns Sorgen, weil die Verlage nicht so recht wissen, wie sie noch mit ihm Geld verdienen sollen. Auflagen schwinden, das Anzeigenaufkommen lässt nach, die Online-Angebote der großen Medienhäuser tragen sich selbst nur in Ausnahmefällen finanziell selbst. Rein ökonomisch betrachtet muss ein Wunder geschehen, anderenfalls werden die privaten Medien immer weiter absterben oder sich immer mehr auf das Werbeumfeld ausrichten müssen, welches ihre einzige Einnahmequelle bleibt – also hoffnungslos boulevardisieren.
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Vielleicht kommt das Wunder in Form des iPad, in Form von Flattr oder irgendwie anders. Oder vielleicht geht eine Ära zu Ende, in der Journalismus etwas war, das man beruflich tat. Mir ist bewusst, dass ein über Abgaben finanzierter Journalismus marktverzerrend wirkt, wenn gleichzeitig Unternehmen versuchen, damit Geld zu verdienen. Mir ist völlig klar, dass es mit der Staatsferne der Rundfunkanstalten nicht weit her ist. Vielleicht ist der Gedanke, die Grundversorgung aber über eine Art Abgabe sicher zu stellen, im Moment noch verfrüht, aber in Zukunft als Variante einer Kulturflatrate die einzige Chance, bezahlten Journalismus aufrecht zu erhalten.
Vielleicht. Ich weiß es nicht, sondern denke nur laut. Ich weiß aber: Was mich am Fernsehen nervt, nervt mich an den Webseiten der öffentlich rechtlichen nicht. Vermutlich hat auch der Musikantenstandl irgendwo seine Homepage, aber ich war noch nie drauf. Dafür liefert mir tagesschau.de eine ordentliche News-Seite, die immer wieder mit Dossiers und Hintergrundinformationen unterfüttert ist. Und jenseits der Tagesschau kann ich mir alle möglichen Sendungen, auf die ich so gut wie immer nachträglich aufmerksam werde, unabhängig von Sendezeiten im Web ansehen.
Die BBC hat schon vor Jahren damit angefangen, ihre Archive nach und nach zu öffnen und für das Web aufzubereiten. Genau diesen Weg müssten ARD und ZDF eigentlich auch gehen. Sie häufen Berge von wertvoller Information an, die wir alle bezahlt haben und folglich auch uns gehören. Wer irgendwie „in dieses Internet senden“ will, um die Inhalte dann gleich wieder zu löschen, hat das Internet nicht verstanden. Man muss sich das mal klar machen: Wir werden in Zukunft alle für – ob wir wollen oder nicht und unabhängig vom Empfangsgerät – gezwungenermaßen bezahlen für etwas, das man dann gleich wieder unserer Nutzung entzieht.
Schreib das als LEserbrief an SZ und FAZ.
Dass die BBC ihre Archive geöffnet hätte, ist mir unbekannt. Man kann zwar die meisten Sendungen nachträglich übers Internet anschauen, aber nur 7 Tage lang (ähnlich wie bei arte). Da habe ich mir immer die Mediatheken von ARD + ZDF gelobt, die viel weiter in die Vergangenheit reichen. Aber ich habe mich wohl zu früh gefreut.
Ich bin erst bereit freiwillig für diesen Verein zu zahlen, wenn das bis jetzt abwesende Wort “Qualität” in das Pflichtheft des Rundfunkstaatsvertrages aufgenommen wird.
So wie es bei der BBC schon seit Jahrzehnten ist.
Ich, selbst großer Fan des Online-Angebots der Öffentlich-rechtlichen, rege mich schon seit fast einem Jahr über diesen Sachverhalt auf. Da werden doch tatsächlich Ressourcen eingesetzt um Informationen zu vernichten.
Bei Sendungen wie Quarks & Co. konnte man bis vor ca. 6 Monaten noch die Sendungen der letzten 3 Jahren angucken. Inzwischen geht das natürlich nicht mehr.
Und das alles nur, weil “die Privaten” offensichtlich keinen konkurrenzfähigen Content erstellt bekommen der bei den Öffentlich-rechtlichen mithalten kann und sich im folgenden durch Werbung monetarisieren lässt.
Aussagen von Polikern haben kurze Gültigkeit! und zum Glück dieser Volksvertreter werden ihre Nachrichten auch gelöscht! Adenauer war noch so mutig und gestand “Was stört mich mein Geschwätzt von gestern!”.
NUN KOMMT DIE ZWANGSGEBÜHR:
Es wird nicht mehr nach Geräten “geschnüffelt”, sondern direkt nach Personen (im Haushalt) und in den Betrieben. Alles ausgedacht von einem ehemaligen Bundesverfassungsrichter! Und ich bin fassungslos! Und wir werden weiterhin abGEZockt. Doch die GEZ wird bestimmt in BEZ umgetauft (beitrag! – keine Gebühr mehr), doch schon jetzt stände das “B” für mich für mehr “Bespitzelung”.
Und Werbung soll fallen, damit die Unterscheidbarkeit zwischen ÖRR und Privaten deutlicher wird! Ich glaube, dass der alter Herr Prof. sich gar nicht bewusst ist, was er hier im Gutachten damit angedeutet hat: Inhalte sind ihm wohl egal und ich deshalb habe ich kein TV und Radio, weil die Art der Berichterstattung nicht die beste ist, sich eben den Flachbirmschirmen angespasst haben.
Dieser ganze Schwachsinn wird auf das Betreiben des Privatfernsehens und der Politik durchgeführt. Hochwertige Qualitätssendungen müssen gelöscht werden, obwohl das Private dazu gar keine Konkurrenzprodukte anbietet! Eine Frechheit…
Ich finde das total böse, traurig, dumm, lächerlich, gemein und dazu noch doof. Mir fehlt komplett das Verständnis für dieses Vorgehen. :(