Am Donnerstag haben in Teheran zum ersten Mal seit elf Tagen wieder mehrere tausend Menschen gegen Präsident Mahmud Ahmadinedschad und den Ausgang der Präsidentschaftswahlen vor vier Wochen demonstriert. Unterdessen scheinen die Repressalien und Unterdrückungsversuche der Regierung zu wirken. Die Behörden identifizieren die Demonstranten und sammeln zunehmend Informationen aus Social Networks – auch von Staatsbürgern im Ausland, wie ein erschütterndes Dokument belegt.
Demonstranten in Schweden identifiziert
Ein von der Tagesschau-Redaktion namentlich geschützter Iraner, der in Deutschland wohnt, berichtet von seinem Freund Aschkan. Aschkan, ein in Schweden lebender Iraner, reist eine Woche nach den Präsidentschaftswahlen zurück in den Iran, um die Demonstrationen zu unterstützen. Bei der Einreise in Teheran nimmt man ihm seinen Pass ab und gibt ihm eine Adresse, bei der er sich melden soll.
Die Beamten dort durchsuchen ihn am ganzen Körper, nehmen ihm Mobiltelefon und persönliche Dinge ab. Nach stundenlanger Wartezeit wird er in ein Büro gerufen, in dem zwei Beamte ihn fragen, bei wie vielen Demonstrationen er war. Ashkan streitet ab, dabei gewesen zu sein, als die Beamten ihm mehrere Fotos von Demonstrationen aus Stockholm zeigen. Ashkans Gesicht ist darauf rot eingekreist. Als nächstes verlangen die Beamten, dass Ashkan die Gesichter seiner Freunde markiert, ihre Namen nennt und weitere Informationen über sie Preis gibt.
Verhörer verlangen Facebook-Passwort
Ashkan sagt, er sei alleine dort gewesen, doch die Beamten scheinen ohnehin schon alles zu wissen. Als nächstes fragen die Beamten ihn, warum er seinen Namen und sein Foto auf seinem Facebook-Profil geändert habe, und verlangen sein Passwort. Nachdem die sie so die Profile von Freunden über Ashkans Facebook-Account herausgefunden haben, zwingen sie ihn zu weiteren Informationen über sie.
Der Autor erfährt von Ashkans Erlebnissen im Google Chat, den sie als weniger unsicher betrachten als Skype oder den Yahoo Messenger. Mitten in ihrer Unterhaltung bricht der Chat jedoch ab. Die Regierung lässt das Social Web komplett überwachen. Erst von Ashkans Schwester erfährt der Autor einige Tage später am Telefon, dass Ashkan verhaftet worden sei.
Polizisten identifizieren Demonstranten. Nachrichtenagentur hilft.
Dem Tagesschau-Artikel zufolge identifizieren die Revolutionsgarden im Iran die Demonstranten mithilfe von Nahaufnahmen der Nachrichtenagentur Fars. Deutsche Technologie hilft den Machthabern dabei, Telefongespräche abzuhören. Teilnehmer der Demonstration von gestern sprechen in Blogs auch von Tötungen eines Mannes und eines jungen Mädchens durch die Revolutionsgarden.
Angesichts dieser Ereignisse kann man den Mut der wenigen verbliebenden Demonstranten wohl nicht hoch genug bewerten. Die gestrigen Demonstrationen fanden anlässlich des Jahrestags der Studentenunruhen von 1999 statt, deren Bilder denen von heute gleichen.