Spanien: Die Revolution findet nicht statt – jedenfalls nicht in den Medien

Stell dir vor, in rund 60 Städten des Landes gehen Hunderttausende Demonstranten auf die Straße – und die Medien ignorieren das vollständig. Geschätzte 130.000 Menschen organisieren sich über das Internet und demonstrieren gegen Korruption, Sozialkürzungen und die wirtschaftliche Lage des Landes, ohne dass sich die Teilnehmer einer bestimmten Gruppe zuordnen ließen. Sie dauern seit Sonntag an – aber von Tagesschau bis “Bild” nicht die Spur einer Berichterstattung.

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Einzige Ausnahme ist die “taz” mit einem kurzen Bericht. Als ob der “arabischen Frühling” mit Unruhen und Bürgerkrieg entlang des Mittelmeeres auf einem anderen Planten stattfindet. Auch die spanischen Demonstranten sind wütend, dass die Medien in Spanien selbst so gut wie gar nicht berichten. Information wird über Facebook, Twitter und Youtube weitergetragen.

Zur Stunde ist es schwierig, sich ein genaues Bild zu machen. Wo sind wieviele Menschen auf der Straße? Wie weit gehen die Unruhen? Was unternimmt die Polizei? Laut verschiedenen Tweets, die ich nicht verifizieren kann, haben heute in Madrid Menschen dafür demonstriert, Festgenommene vom Sonntag wieder freizulassen, die ohne bekanntes Vergehen festgehalten werden. Spezialeinheiten der Spanischen Polizei scheinen zur Stunde ein Camp in Barcelona zu umzingeln, in welchem sich Demonstranten versammelt haben. Anders gesagt:

 

Solange die Medien die Proteste in Spanien weiterhin ignorieren, bleibt nur die Möglichkeit, sich im Netz zu informieren. Hier kann ich besonders @rafaelwv auf empfehlen, der das Geschehen in Spanien zusammenfassend twittert. Auch eine Google-Suche hilft weiter, speziell wenn man die Blog-Suche verwendet. Hier ist zum Beispiel Spreeblick sehr zu loben, die bereits heute Nachmittag einen sehr informativen Bericht gebracht haben, wie er von Zeit bis Spiegel längst in den so genannten “Qualitätsmedien” hätte erscheinen müssen. Außerdem bloggt das “kotzende Einhorn” die Ereignisse in Spanien chronologisch.

Update 18. Mai: Die mir bisher unbekannte Newsseite Europe Online berichtet und bezieht sich auf eine dpa-Meldung. Wie kann das sein, dass es eine dpa-Meldung gab und nahezu kein Blatt springt auf die Story an? – Auch Meedia wundert sich mittlerweile über diese Nicht-Berichterstattung.

Update 19. Mai: Die Sache schwappt nach Deutschland. Die schnell wachsende Facebook-Gruppe “Echte Demokratie jetzt” enthält Aufrufe zu Demonstrationen heute Abend um 20 Uhr am Brandenburger Tor sowie Samstag in Hamburg und Düsseldorf. Weitere Neuigkeiten gibt es auf Spreeblick.

Ein paar Videos:

Madrid(?) am 17. Mai 2011:

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Sevilla am 17. Mai 2011:

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Madrid am 15. Mai 2011:

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Livecams vom Geschen in Spanien gibt es hier.

 

10 Gedanken zu „Spanien: Die Revolution findet nicht statt – jedenfalls nicht in den Medien“

  1. @Daniel Danke für den Hinweis. Der Artikel im El Pais ist ja von heute – wie sah es Sonntag bis Dienstag aus? Wieviel berichten andere Zeitungen? Was kommt im TV? Ich hatte mehrfach gelesen, dass viele Demonstranten enttäuscht waren, dass Mo/Di nicht über die Proteste berichtet wurde – oder sehr wenig. In Deutschland kommt weiterhin so gut wie nichts an, und das obwohl es offenbar eine dpa-Meldung gegeben hat.

  2. Daniel in Spanien: Es geht wohl eher um Medien in Deutschland, deshalb auch das genannte Spektrum “von Tagesschau bis ‘Bild’”.

  3. Das gleiche geschah vor ein paar Wochen in Portugal und so gut wie nichts wurde gemeldet. Wenn das Ding da in Spanien grösser wird, werden die Internetzugänge geschlssen, wetten? Die Technologie, die Mubarak und Co. dafür bekamen, ist aus Europa.

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