Apple, Standortdaten und alle so: Kreisch!

Pöses, pöses Apple mal wieder. Quer durch alle Medien geht die “Entdeckung”, dass das iPhone ein Bewegungsprofil seines Nutzers aufzeichnet. Angesichts der Datenschutzhysterie ist es dringend nötig, die Geschichte vom Kopf auf die Füße zu stellen - jenseits von Apple-Fanboy- und Apple-Hassertum sowie jenseits vom Gefecht Datenschützer vs Spackeria.

Egal was, in anderen Blogs so behauptet wird: Apple zeichnet diese Daten nicht auf, sondern das Gerät macht das für sich allein. Es gibt lediglich eine Datenbank auf dem iPhone (oder iPod/iPad) namens “consolidated.db” in der gespeichert wird, in welchen Funkzellen sich das Telefon aufgehalten hat. Es gibt keinen Beweis, dass diese Datenbank jemals an Apple übertragen wird. Andersrum wird ein Schuh draus: Jeder Mobilfunkprovider kennt von jedem (eingeschalteten) Handy immer den Standort – und er Staat greift bei Bedarf auf diese Daten zu. Natürlich telefoniert das iPhone nach Hause, aber das ist längst bekannt und hat mit dieser consolidated.db nichts zu tun.

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Die consolidated.db ist weder neu noch verborgen. Versteckt war sie sogar früher einmal, damit nicht jeder sie so einfach auslesen kann. Als Apple allerdings Multitasking in iOS einführte, wurde es notwendig, dass mehrere Apps gleichzeitig auf diese Datei zugreifen können, wenn sie ortsbasierte Dienste nutzen. Aus diesem Grund wurde die Datei in eine Datenbank umgewandelt und in User-Bereich des iPhones gespeichert, von wo sie auch mit allen anderen Benutzerdaten synchronisiert wird.

Diese Entdeckung ist schon vor Monaten publiziert worden, hat aber außer Fachleuten irgendwie niemanden interessiert. Keine Ahnung, warum das plötzlich anders ist. Ein Handy, auch ein antikes Siemens-Modell aus dem letzten Jahrhundert – speichert und/oder liefert sehr viele Daten über uns. Unsere Kontakte samt ihrer Telefonnummern. Unseren Aufenthaltsort. Wann wir mit wem telefonieren. Wen das stört, darf kein Handy benutzen, egal ob das nun ein iPhone ist oder ein anderes Gerät. So einfach ist das.

Von Enten und Trackern

Datenschutzgesetze sollten verhindern, dass solcherlei gesammelte Daten missbraucht werden. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Seitens Apple gibt es aber derzeit keine Anhaltspunkte für irgendwelche Verstöße, da sich die Datenbank nur auf dem iDevice befindet und auf dem Computer, mit dem man es synchronisiert.

Derzeit kursiert ein Tipp, man solle mit Safari auf dem iDevice oo.apple.com aufrufen. Das ist eine Ente. Dort lässt sich lediglich personalisierte/ortsbasierte Werbung in iAds abschalten – womit üblicherweise sowieso fast nur iPad-Nutzer in Kontakt kommen. Der Wechsel zur Konkurrenz hilft jedenfalls nicht: Android zeichnet diese Daten ebenfalls auf. Paranoide Leute sollten daher besser beim iPhone bleiben und dieses jailbreaken.

Wer sich selber ein Bild machen möchte, kann sich den iTracker herunterladen. Das Mac-Programm wertet die consolidated.db aus dem iPhone-Backup aus, was ungefähr so aussieht:

 

Am meisten Spaß macht mir ja, dass die Reaktion in vielen Blogs daran besteht, diese Bilder zu veröffentlichen, statt sich drüber aufzuregen und untereinander zu vergleichen, wo man alles schon so war. Bei mir leider wenig ergiebig: Ich bin erst dieses Frühjahr vom Palm Pre aufs iPhone umgestiegen und habe die Stadt – wie mir jetzt erst auffällt – seitdem noch gar nicht verlassen.

8 Gedanken zu „Apple, Standortdaten und alle so: Kreisch!“

  1. Der Tipp mit dem Jailbreak ist nur bedingt empfehlenswert: Denn mit einem Jailbreak holt man überhaupt erstmal die Möglichkeit, dass eine fremde Applikation “einfach so” auf diese Daten zugreifen kann. Die AppStore-Politik ist restriktiv, verhindert aber solchen Missbrauch.

    Warum das Thema jetzt so heiß wird/wurde? Weil zwei britische Security-Experten auf einer Tagung/Konferenz einen Vortrag darüber gehalten haben. Und wenn in einer Presse/Newsmeldung das Wort iPhone vorkommt, dann ist wirklich alles andere egal (siehe Donnerstag Mittag: Topthema bei tagesschau.de).

    http://radar.oreilly.com/2011/04/apple-location-tracking.html

    Grüße
    Jan

  2. Tut mir leid, aber der Satz ‘Apple zeichnet diese Daten nicht auf, sondern das Gerät macht das für sich allein.’ ist reine Haarspalterei:

    Das Gerät – gerade ein so stark gegen Veränderungen geschütztes Gerät wie das iPhone – macht ‘nichts für sich allein’. Es macht das, was man bei Apple reinprogrammiert hat.

    Vermutlich aus Schlamperei….

  3. @Henning Es ist doch wohl ein großer Unterschied zwischen “Apple weiß wo ich bin” (was die letzten Tage wirklich fast überall behauptet wurde) und “In meinem iPhone steht, wo ich so war”, was nur auslesbar ist, wenn man physischen Zugriff auf das Gerät hat.

  4. Hi, ich sehe das ähnlich wie Du, möchte aber wissen, warum Apple die Daten (im Gegensatz zu Android-Geräten) dauerhaft speichert. Wenn ich das richtig verstehe, dann machen die Google-Handys das nur temporär bzw. überschreiben die gesammelten Ortsinfos. Apples vorgehensweise erhöht die Chance, dass jemand ewig lang zurück meinen Aufenthalt feststellen könnte. Sollte er denn noch Zeit haben, weil meine Kontakte, Mails, Fotos etc. ja auch noch gesichtet werden müssten. (Szenario iPhone oder Backup geraten in fremde Hände )

  5. Ist das schön, wie man alle, die technisch eh keine Ahnung haben, mal eben in Panik versetzen kann. 
    Übrigens, wo ich mit der EC-Karte bezahle wird auch gespeichert und sogar ausgewertet!!!
    Uuuu…jetzt wird mir Angst und Bange…
    BB is watching you…
    Kann nicht einer mal die dummen Pressefutzies auf die Schule schicken?

  6. Ich finde es immer wieder faszinierend, dass die meisten Leute überhaupt keine Ahnung haben was sie schon alles von sich preisgeben. Damit befassen sich die meisten offensichtlich nur wenn es mal wieder einen aktuellen Grund in den Nachrichten gibt. Ein paar Tage später legt sich dann die Aufregung wieder, weil man eigentlich eh nichts machen kann und das zum Beispiel iPhone ja so ein tolles Ding ist.

    Aber ob iPhone oder nicht, wenn man die Daten von Google, Amazon (und anderen Online-Shops), Handy-Netzbetreibern, Sozialen Netzwerken, Reiseveranstaltern, EC-Karten-Betreibern, usw. zusammenlegen würde, wäre das Privatleben der meisten Menschen kein Geheimnis mehr. Wer, was, wo und mit wem macht, kauft oder bespricht. Alles kein Geheimnis mehr. Alle Grundlagen für den gläsernen Bürger sind bereits da, es ist nur noch eine Frage der Zeit wann es genutzt wird.

    Irgendwie Ironie oder? In George Orwell’s 1984 drückt der Staat dem Bürger die ständige Überwachung auf. In der Realität helfen wir alle mit und haben noch Spaß dabei :D

    und noch was technisches von meiner Seite:
    @Enno Park: Ich bin Software Entwickler und kann dir versichern dass Apple keinen physischen Zugriff auf das Gerät braucht. Da Apple das Betriebssystem programmiert hat, und dieses im Gegensatz zu den Apps aus dem App Store natürlich Zugriff auf das gesamte Datei-System hat, würde bereits eine Funk- oder Internetverbindung über WLAN ausreichen um sich Daten von dem Gerät senden zu lassen.

  7. Nur ein Detail: In dem verlinkten Artikel zu Android steht auch, dass sich Android in einem Punkt entscheidend anders verhält als iOS: sowohl der aufgezeichnete Zeitraum als auch die Anzahl der Einträge sind stark begrenzt.

    Zudem landen diese Daten bei Android nach einer Synchronisation nicht ungefragt und ungeschützt auf dem Desktop-Rechner.

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