Hamburg plant Anti-Streetview-Gesetz

Der grüne Justizsenator Till Steffen will privaten Unternehmen in Zukunft nur unter Auflagen erlauben, Häuser und Straßen zu fotografieren: Gesichter und Nummernschilder müssen verpixelt und die unverpixelten Rohdaten innerhalb eines Monats gelöscht werden. Außerdem müssen die Aufnahmen vorab angekündigt werden.

Das Gesetz richtet sich natürlich gegen Google Streetview und die Angst, die viele Menschen davor haben. Trotz Verpixelung sollen abgebildete Personen ein Recht darauf haben, dass ihre Bilder entfernt werden. Dasselbe gilt für Mieter und Hausbesitzer für die Abbildung ihrer Häuser: Sie sollen ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht bekommen. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

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Das Gesetz, das am 7. Mai in den Bundesrat eingebracht werden und bundesweit gelten soll, ist sicherlich gut gemeint: Wer nicht abgebildet sein will, soll Aufnahmen löschen lassen können, ohne dass Dienste wie Streetview im ganzen verboten werden. Und es macht sicherlich einen großen Unterschied, ob die anonyme Fassade einer Mietkaserne gefilmt wird oder in Vorstädten die 3m hohe Kamera über die Hecke hinweg die Familie beim Sonnen erwischt.

Dumm nur: Zumindest in Hamburg ändert das Gesetz nichts mehr. Nach dem alten Grundsatz „nulla poena sine lege“ dürfen Gesetze niemals rückwirkend angewandt werden. Die neuen Regeln würden also nur für künftige Aufnahmen gelten. Ein viel größeres Problem ist neue Rechtsunsicherheit, die entstehen könnte. Bisher galt nämlich beim Veröffentlichen von Fotos die „Panoramafreiheit“. Ich kann Menschen verbieten, Fotos von mir zu veröffentlichen, auf denen ich abgebildet bin – allerdings nicht, sollte ich zufällig an einem öffentlichen Ort aufs Bild geraten sein.

Das Gesetz könnte je nach geplantem Wortlaut genau diese Panoramafreiheit aushebeln und damit Millionen von Fotos, die wir auf unseren Webseiten oder bei Diensten wie Flickr.com veröffentlichen, illegal werden lassen. Ich befürchte ungeahnte neue Möglichkeiten für Abmahner und glaube nicht, dass das im Sinne des Erfinders wäre.

[via NDR Online]

9 Gedanken zu „Hamburg plant Anti-Streetview-Gesetz“

  1. Das Rückwirkungsverbot gilt genaugenommen nur für das Strafrecht; in dem Gesetzentwurf geht es aber eher um ein Bußgeld.

    Soweit ich das verstehe, sollen die Bußgelder fällig werden, wenn der Anbieter der Löschaufforderung nicht nachkommt. Denke also nicht, dass da der Zeitpunkt der Aufnahme maßgeblich ist…

  2. [IANAL] Ob Googles Aufnahmen unter die Panoramafreiheit fallen, wäre durch einen Prozess zu klären. Hint: Hilfsmitteleinsatz wirkt sich da vernichtend aus.
    Die Panoramafreiheit allerdings hat mit dem Recht am eigenen Bild nichts zu tun, sondern mit dem Urheberrecht z.B. des Architekten oder Gartenbauers.
    Die Möglichkeit, Menschen als “Beifang” abzulichten, ergibt vielmehr sich aus den Einschränkungen in §23 KUG und der Strafbarkeitslücke zwischen §201a StGB und §22 KUG. In sofern müsste der Hilfsmitteleinsatz sich entweder vernichtend auf die Befugnisse (§23 KUG) auswirken, wie er es auf die grundsätzlich anders gelagerte Pano-Freiheit tut. Oder man baut die Nummer noch umständlicher auf den Datenschutz auf. Der ist aber bislang eher zahnlos.

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