App Store: Apple zensiert Wikileaks (Update)

Wenn Kritiker sich zum iPhone äußerten, das sei ja ein tolles Telefon, aber man wolle sich nicht dem Diktat des App Store unterwerfen, bekam man meistens die Standard-Antwort: Meine Apps tun alles, was ich mir wünsche. Das mag in vielen Fällen stimmen. Bisher wurden Apps “fast nur” wegen nackter Brüste oder zu expliziter Wörter “zensiert”. Seit heute ist das anders.

“Zensiert” ist so ein Wort, das ich bisher eigentlich nicht in Verbindung mit Apple benutzen mochte, da Apple in iTunes meiner Meinung nach eine Art Hausrecht besitzt. Zensieren kann eigentlich nur ein Staat oder ein Medium, zu dem es keine Konkurrenz gibt. Dennoch bin ich mittlerweile geneigt, von Zensur zu sprechen, wenn Apple die Wikileaks-App aus dem AppStore wirft.

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Natürlich kann man auf die Wikileaks-Dokumente weiterhin per Browser zugreifen. Die App ist eher primitiv: Mit ihr kann man den Twitter-Account von @wikileaks verfolgen und die Webseite der Whistleblower-Plattform sichten – das allerdings aufbereitet für den TouchScreen in iPhone-Größe. Außerdem kostet die App 1,99 Dollar, was wohl als Spende aufzufassen ist, da die Wikileaks-Inhalte ja frei und kostenlos zugänglich sind.

Bedenklich stimmt aber, dass Apple bisher keine befriedigende Stellungnahme zu der Sache gebracht hat. Insgesamt reiht sich Apple damit in eine lange Reihe von US-Firmen, wie die Bank of America, VISA oder Amazon, die seltsamerweise alle jetzt nicht genau eruierbare AGB-Verstöße zum Anlass nehmen, Wikileaks zu boykottieren. Im Grunde beweist Apple eindrucksvoll, dass sie ein zensursulaeskes Stoppschild im App Store haben und auch gewillt sind, es einzusetzen. Dass es via Browser genauso einfach zu umgehen ist, wie ein DNS-Stopschild, vermag mich da nicht so recht zu beruhigen.

Update: Wie in den Kommentaren schon angemerkt, hat die App gegen eine Regel verstoßen, wonach Apps, mit denen Spenden eingesammelt werden sollen, nur kostenlos sein dürfen. Bleibt die Frage, warum die App zunächst zugelassen wurde. Das ganze steht und fällt damit, wie Apple mit einer kostenlosen Wikileaks-App umgehen würde. Vielleicht hat ja jemand Lust, eine zu bauen? – Interessant in diesem Zusammenhang auch die Diskussion bei netzpolitik.org.

16 Gedanken zu „App Store: Apple zensiert Wikileaks (Update)“

  1. @map – demzufolge müsste jede Firma, die einen Teil ihrer Einnahmen für irgendwas spendet und zugleich eine Bezahl-App anbietet, aus dem App Store fliegen. Nur dass Apple da eine Regel aufgestellt hat, heißt nicht, dass sie gut sein muss. Irgend eine AGB-Floskel findet sich ja immer… Wir werden sehen, ob es eine kostenlose Wikileaks-App geben wird und wie Apple mit ihr umgeht.

  2. Jede Firma die ihre App damit bewirbt einen Teil der Einnahmen zu spenden, fliegt und flog aus dem App Store. Guckst du Google.

  3. @Enno Park:
    Was hat die Durchsetzung bekannter AGB eines Unternehmens mit Zensur zu tun? Sind die AGB von Apple nicht rechtmäßig? Ich kanns nicht beurteilen, aber Du kannst uns sicher aufklären.

  4. @Jay Apple kann so viele Klauseln durchsetzen, wie sie wollen – und ich das soviel kritisieren, wie ich will. Wegen der Verbreitung des iPhones halte ich den App Store für eine kritische Infrastruktur (so ähnlich wie übrigens Facebook oder Twitter) über die Unternehmen nicht mehr alleine entscheiden dürfen sollten.

  5. Ach, was ich noch vergessen habe: Da die AGB von Apple und Ihrem AppStore allgemein bekannt sein dürften und wenn wir einfachheitshalber einmal davon ausgehen, dass diese AGB rechtmäßig sind, wird grundsätzlich niemand gezwungen Apple Produkte zu kaufen und einzusetzen bzw. Apps dafür zu programmieren und zu verkaufen. Alternativen gibt es ja genung, oder?
    Zu mekcern gibt es überall etwas, aber mit dem Wort Zensur um sich zu werfen, wie mit Konfetti an Fasching finde ich sehr bedenklich.

  6. @Jay – warum wurde die App zunächst zugelassen? Warum der Entwickler nicht informiert, aus welchem Grund seine App dann doch wieder gekickt wurde? Was sagst du den Leuten, die sich der Spielregeln nicht bewusst waren, und sich später ärgern, weil sie eine App nicht nutzen können, nur weil Apple ihnen das vorschreibt? Ändert sich daran irgendwas, wenn es sich um eine kleine Minderheit handelt? Meckern ist BTW mein Job. Marketing kannst du auf apple.com lesen.

  7. Oh meine Rechtschreibung läßt heute wirklich zu wünschen übrig.

    @Enno: Da hilft nur eins, diese Produkte und Webservices einfach nicht nutzen. Man wird ja nicht dazu gezwungen. Aber ich wiederhole mich.
    Stimmt, Du kannst soviel kritisieren wie Du möchtest, das ist Dein gutes Recht. Allerdings taugt diese Aussage nicht wirklich als Antwort auf meine Frage, passt aber zu Deinem Artikel und den Kommentarantworten.

  8. Die Guideline bezieht sich auf Apps deren Funktion das Spendensammeln ist. In diesem Fall wurde aber ein Teil des durch den Verkauf eingenommenen Geldes gespendet. Das ist etwas völlig anderes und wird von dieser Richtlinie nicht berührt. Jeder Entwickler kann mit dem eingenommenen Geld verfahren wie er möchte.

    Also Gegenbeispiel sei auch http://indiesale.com/ angeführt. Dort werden 6 Indie-Games reduziert für je 79c angeboten. 1/3 davon wird gespendet. (Die Spiele sind übrigens allesamt ziemlich gut und empfehlenswert…)

    Siehe auch meine Kommentare bei netzpolitik.org.

  9. nein, ich kann nachvollziehen das man als anbieter keine spendenskandale am hals haben möchte.

    und ja, auch das indiesale bundle ist gegen die regeln und fliegt wenn sich jemand beschwert, vermutlich. und ja, man kann mit seinem geld machen was man will. aber damit werben ist (und war) nicht erlaubt.

    aber ich verstehe schon das die wikileaks story viel sexier ist.

  10. Geht es nicht einfach darum, dass Apple schon lange gesagt hat, sie wollen keine (kostenpflichtigen) Apps im App Store die einfach etwas wiedergeben, was man auch über den Browser umsonst bekommt?

  11. Da werden alle Stränge gezogen Wikileaks mundtot zu machen und zieht auch Apple mit. Bisschen traurig und unerwartet, wobei ich bis jetzt auch nichts von einer entsprechenden Wikileaks App wusste. Man kann sie trotz allem über Facebook verfolgen und erhält letztendlich den gleichen Zugang an Infos wie über diese App.

    Alles halb so schlimm. :)

Kommentare sind geschlossen.