Gruppen und Gruppen: Facebook spielt “Confuse the user”
07. Oktober 2010 - Enno Park
Facebook hat jetzt Gruppen. Äh. Wie jetzt. Gabs doch schon vorher? Ja, aber die Gruppen sind keine Gruppen, sondern aufegohrte Listen, die ansonsten Gruppen heißen, die aber – wie gesagt, nicht funktionieren, wie die als Gruppen bekannten Gruppen, welche übrigens weiterhin existieren. Facebook gewinnt damit den ersten Preis im Wettbewerb “Confuse the user”. Offenbar denkt man im Zuckerberg-Reich an alles, nur nicht an den.
Dabei ist das neue Feature an sich keine schlechte Idee. Bei Facebook haben wir das Problem, dass es weder der Privatsphäre (Unterhaltung mit engen Freunden) oder der Öffentlichkeit (Unterhaltung mit irgendwelchen Bekannten) oder geschlossenen Öffentlichkeiten (Unterhaltung mit Kollegen) unterscheidet. Die Information, die ich auf Facebook veröffentliche, kann aber je nach Kontext eine ganz unterschiedliche Bedeutung haben – die alte Sache mit dem Saufbild und dem Chef muss ich an dieser Stelle nicht näher erläutern.
Dazu hatte Facebook mal Listen eingeführt, mit denen man aber nichts machen kann und die sehr schwer zu verwalten sind. Die “neuen Gruppen” (im Gegensatz zu den alten) setzen dieses Konzept verschiedener Öffentlichkeiten um. Ich kann Gruppen für Schulklasse, Komilitonen Kegelverein und Bürokollogen usw. anlegen – und mich dann in der Gruppe mit ausschließlich diesen austauschen. Das löst zwar im Endefekt keinerlei Datenschutzproblem und ist im Sinne der Post-Privacy sogar kontraproduktiv, aber immerhin kann ich damit ewas tun, was wir alle im Alltag auch sonst machen, sobald wir uns unter Menschen begeben: Rollen einnehmen.
Vielleicht muss ich mich an die neuen Facebook-Gruppen noch gewöhnen, aber ich fürchte, so gut die grundsätzliche Idee ist, so verwirrend ist die Umsetzung für den Anwender. Erklär dem mal, ob er für seine Zwecke jetzt eine alte oder neue Gruppe braucht oder eine Liste? Und was der jeweils damit machen kann. Und wer etwas lesen kann, dass ich in eine alte und in eine neue Gruppe poste? Und warum heißen die Dinger überhaupt Gruppen, wenn es die alten Gruppen weiterhin gibt und genauso heißen?
Ein Pferdefuß bei der Sache ist auch, dass ich gegen meinen Willen Mitglied einer Gruppe werden kann. Das hat seine Logik, da sich die neuen Gruppen ja aus Listen ableiten. Ich kann die Gruppe “Familie” bauen und Papi, Mami, meine Kinder und alle meine Geschwister, Onkel und Tanten dem hinzufügen. Jetzt mal abgesehen davon, dass ich dann schon wieder Untergruppen bräuchte, weil man bestimmte Dinge, die Man mit Tante X bespricht, auf keinen Fall Opa erzählen darf – wenn ich die Gruppe nicht “Familie” nenne sondern “Blaukreuztreffen“, dürften die Zwangsmitglieder nicht so begeistert sein. Austreten kann man aus Gruppen, allerdings irgendwie nicht total: Auch danach bekommt man noch Gruppen-Mitteilen. Bug oder Feature?
Also mit den Listen konnte man schon vorher was machen, und wenn es nur das gezielte für diese oder jene Liste veröffentlichte Etwas war. Da konnten dann bei der daraus folgenden Kommentardiskussion auch nur die Listenmitglieder lesen.
Der Unterschied ist nur der, dass ich nicht weiß, auf welchen Freundeslisten ich mich befinde.
Es bleibt also kompliziert ;)
Hatte mit Listen rumgespielt und dann als zu unpraktisch verworfen. Behandele Facebook seit geraumer Zeit vollumfänglich einfach nur als öffentlich.