Warum HTC Palm kaufen sollte

Palm geht es offenbar nicht gerade gut. Daher hat sich der kalifornische Handheld-Pionier nun selbst zum Verkauf angeboten. Große Hardwarekonzerne wie HTC und Lenovo haben bereits Interesse an dem angeschlagenen Konzern gezeigt. Andere sehen in Palm das vorhandene Potenzial und sichern sich vor dem Verkauf erst einmal knapp 10 Prozent der Aktienanteile.

Es ist wirklich schade, dass Palm sich nach wiederholten Beinahe-Pleiten schon wieder in so einer Situation befindet. Der Einstieg in den Smartphone-Markt Anfang vergangenen Jahres wurde als letzte Hoffnung gesehen, um überhaupt wieder auf die Beine zu kommen. Denn mit Handhelds allein war schon lange nichts mehr zu erwirtschaften – Blackberry hat mit seinen Office-Smartphones viel Raum eingenommen. Und wer will schon neben dem Handy ein weiteres Gerät mit sich herumschleppen, wenn man es nicht benötigt?

Die Frage, warum Palm mit seinen Smartphones Pre und Pixi scheiterte, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Denn im Grunde sind sie sehr zu empfehlen. Das Betriebssystem ist gut und muss sich hinter dem iPhone OS oder Googles Android wirklich nicht verstecken. Die Bedienung ist einfach, intuitiv und die Geräte beherrschen sogar Multitasking, das großartig umgesetzt wurde.

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Als einige Faktoren des Scheiterns lassen sich neben der starken Konkurrenz seitens Apple und dem offenen Betriebssystem Android, das neben HTC auch andere Hersteller auf ihre Smartphones portiert haben, wohl auch ein schlechtes Timing bei der Präsentation des Palm Pré nennen. Dieses wurde zwar in der ersten Hälfte 2009 vorgestellt, jedoch stand es erst ein paar Monate nach dem Verkaufsstart des iPhone 3GS in den Regalen.

Nicht zu vergessen ist die sehr miserable Marketing-Kampagne, die die wenigsten potenziellen Kunden ansprach. Leider etwas spät, aber besser als nie, hat Palm sich zum Glück von der Agentur getrennt. Hätten sie den Bremer Heiko Thies gehabt, wäre das vielleicht besser gelaufen.

Als weiteres Manko ist der App-Catalog zu nennen. Denn im Vergleich zum Software-Überangebot von Apple oder Android bietet Palm eher eine schlechte Entschuldigung eines App-Stores an. Zwar umfasst mittlerweile die Anzahl der angebotenen Programme um die 1.000 und die Zahl der Downloads überschreitet die 30 Millionen Marke, jedoch verlief die Entwicklung dorthin viel zu langsam. Erst vor kurzem wurde für Deutschland der App-Catalog für käufliche Software freigegeben – ein halbes Jahr nach dem Verkaufsstart des Palm Pré in Deutschland. Darf so was sein?

Wären diese Faktoren in dieser Konstellation nicht zusammengeflossen, hätte Palms Plan mit Erfolg gekrönt sein können. Denn, wie bereits erwähnt, hat Palm viel Potenzial. Wenn HTC sich des kalifornischen Konzerns annehmen würde, hätten meiner Meinung nach beide gewonnen. Interesse hat HTC bereits bekundet, nun muss nur noch das richtige Angebot vorliegen.

Wenn HTC den Schritt der Akquisition gehen sollte, schlägt der Konzern gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen gehen die Lizenzen und Entwicklungen in dessen Besitz über – darunter ist auch das WebOS. Da HTC zurzeit ohnehin in Erwägung zieht, ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln, würde mit der Übernahme von Palm viel Entwicklungszeit und Geld gespart, da lediglich die Anpassung an die eigenen Hardware erforderlich wäre. Mit WebOS könnte HTC die Lizenzierungshandschellen von Microsoft – insbesondere in Bezug auf das Windows Phone 7 OS -  aber auch die Abhängigkeit von Googles Android ad acata legen.

HTC würde mit diesem Schritt zu einem einen weiteren Big Player auf dem Smartphone-Markt aufsteigen, der den Platzhirschen ordentlich einheizen könnte. Apple baut zwar großartige Produkte, die begrenzende Politik in Bezug auf die Inhalte und Apps sind allerdings katastrophal. Nicht vergessen darf man den Streit zwischen Adobe und Apple. Sicherlich müsse HTC einiges an der Infrastruktur, sprich Apps und Dienste bereitstellen, um mitzuhalten, doch da ließe sich bestimmt auch auf den bestehenden Strukturen Palms aufbauen.

Warum interessiert sich Lenovo eigentlich für Palm? Hier kann wohl ein leichterer Einstieg in den Smartphone-Markt vermutet werden. Zwar hat Lenovo schon das ein oder andere Smartphone in der Mache und bereits vorgestellt, wie beispielsweise das Lephone. Viel mehr gibt es im Augenblick allerdings nicht aus der Ecke. Wenn Lenovo das Rennen um Palm gewinnen sollte, hätte der chinesische Konzern von einem Tag auf den nächsten alles, was man für den Einstieg in diesen hart umkämpften Markt benötigt. Unter Umständen könnte Lenovo als Hersteller von Business-Notebooks Palm auch wieder auf sein ursprüngliches Feld zurückbringen und Businessgeräte entwickeln. Ob das allerdings im Sinne Palms ist, kann ich nicht beantworten.

HTC hat sich einen sehr guten Namen gut auf dem Smartphone-Markt gemacht. Die Hardware ist durchdacht und qualitativ gut. Nur fehlt ein entsprechendes eigenes Betriebssystem. Palm würde genau dieses bei einem Kauf mitbringen. Zurzeit kursieren Informationen über Palm, unter Umstände doch nicht zu verkaufen sondern sein WebOs zu lizenzieren und anderen Herstellern zur Nutzung auf ihren Produkten anzubieten. Mit diesem Modell könnte HTC wenig anfangen, da man sich wiederum von einem Lizenzgeber abhängig macht. Das entspräche dem gleichen Spiel wie bei Google und Microsoft und kommt wohl eher nicht in Frage.

Mit dem Wunsch, das Palm von HTC kaufen sollte, stehe ich übrigens nicht alleine da. PreCentral hat eine Umfrage gestartet und ist bei bishherigen 5.300 Stimmen zum gleichen Ergebnis gekommen. Circa 50 Prozent der abgegebenen Votes ging in Richtung HTC, 15 Prozent sprachen sich gegen den Verkauf aus und als dritthöchste Stimme kam Lenovo als Käufer. Ich denke, dass ein solcher Deal sowohl für die beiden Konzerne ein Gewinn wäre als auch für den gesamten Smarphone-Markt.

3 Gedanken zu „Warum HTC Palm kaufen sollte“

  1. Für Palm wäre HTC wohl eine gute Wahl. Aber ob das auch für HTC eine so gute Entscheidung wäre?

    Bevor HTC ein eigenes Handybetriebssystem entwickelt, wäre der Kauf von Palm mit seinem webOS die weit bessere Wahl. Auch deshalb, weil jedes zusätzliche Handybetriebssystem die Ressourcen der Entwickler von Apps beansprucht.

    1.000 Apps für webOS sind zwar nicht viel, aber bevor HTC bei Null anfängt, wäre ein Aufbauen auf der Arbeit von Palm ebenfalls die bessere Wahl.

    Die Frage ist jedoch: Fährt HTC nicht sehr gut damit, nicht auf ein bestimmtes Betriebssystem festgelegt zu sein? Zum einen wird es die Kunden, die von HTC ihre Smartphones fertigen lassen, nicht gerade freuen, wenn HTC ein eigenes Betriebssystem entwickelt.

    Und die Käufer von Mobiltelefonen haben bisher eine Auswahl unter mehreren Betriebssystemen bei HTC-Geräten. Ob das dann so bleiben würde?

    Mein Favorit als Käufer von Palm ist deshalb Dell.

  2. Die Umstellung von WinMo und Android auf WebOs müsste ja nicht von einem Tag auf den nächsten geschehen. Das würde die Kunden bestimmt abschrecken, doch wenn dieses ein langsamer Prozess wäre und die Leute mit der Zeit merken – hey das Betriebssystem von HTC ist ja richtig cool – dann kann man sich auch langsam von den anderen Systemen verabschieden.

    Was Dell anbelangt, sind die ja ungefähr genausoweit wie Lenovo mit der Entwicklung von Smartphones, allerdings setzen sie mit ihren Streaks oder Dell minis ja eher auf kleine Tablets, die um ein paar Zoll größer sind als die üblichen Smartphones bis max. 4 Zoll.
    Der einzige Aspekt, der allerdings für Dell sprechen würde, das sie auch ein us-amerikanisches Unternehmen sind, ist für mich allerdings in einer globalisierten Welt wie der unseren, eher hinfällig.

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