Twitter: Nils Jacobsen sieht das Ende des Hypes. Ich nicht.
01. September 2010 - Enno Park
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Da sei ein Hype zu ende, schreibt Nils Jacobsen bei Meedia: Twitter nervt! Twitter ist Mainstream! Die Nutzerzahlen wachsen nicht mehr so recht! Lady Gaga! Da stellt er ein paar ziemlich steile Thesen auf und zeigt einmal mehr: Twitter ist, was du draus machst. Eine Antwort.
Schonmal bei einem Freund in die Twitter-Timeline geschaut und einen kleinen Schock bekommen, weil die “Welt” für ihn vollständig anders aussieht als die gewohnte eigene Timeline? Nils Jacobsen ist das offenbar noch nicht passiert, sonst würde er sich nicht in die lange Reihe derjenigen begeben, die sagen, dass Twitter zu einer “Schwatzbude” verkommen sei. Wieso denn verkommen? Twitter war immer Schwatzbude, absolute Belanglosigkeit aber auch Durchlauferhitzer für News und gar eine neue Kunstform zugleich.
Nils empfiehlt jetzt Twitter-Fasten und Abstinenz – ich empfehle Timeline-Ausmisten. Wer sich beklagt, dass in seiner Timeline Unsinn steht, muss sich fragen, warum er denn all den Leuten folgt, deren Tweets doch so irrelevant sind. Abstinenz will er aber auch, weil er selber sich genötigt fühlt, ständig was zu twittern, da ihm sonst die Follower zu verschwinden drohen. Ich kenne seine Followerschar zwar nicht, aber mir hauen sie ab, wenn ich zuviel twittere und labere und am besten noch meine Mahlzeit beschreibe.
In dem Zusammenhang mokiert sich Nils auch noch über Foursquare und das Verhalten, uns gegenseitig zu zeigen, an welchen Orten wir uns aufhalten. Ich persönlich fand den Gedanken solcher Geolocation-Dienste schon immer gruselig und möchte eben nicht, dass Freunde oder Fremde feststellen können, an welchem Ort ich mich gerade aufhalte. Da kann ich den Nils wirklich gut verstehen – aber warum hat er dann einen Foursquare-Account und twittert seinen Aufhenthaltsort? Kann ihm bitte jemand mal ein T-Shirt “I survived Foursquare” vorbeischicken?
Richtig abwegig werden seine Thesen aber, wenn er sagt, Twitter sei doof, weil Lady Gaga weltweit die meisten Follower habe. Genauso gut kann man sagen, Fernsehen ist doof, weil RTL die meisten Zuschauer hat. Twitter sei halt jetzt Mainstream. Vermutlich hört er keine Musik mehr, geht nicht mehr ins Kino und liest auch keine Bücher mehr – ist ja auch alles Mainstream. Und hey, Nils, warum bist du noch im Internet? Mainstreamiger als das Netz ist im Moment wirklich gar nichts.
Für mich ist jedenfalls Twitter das, was ich draus mache, indem ich entscheide, wem ich folge. Das ist garantiert nicht Lady Gaga, aber erstmal eine Weile Nils Jacobsen. Weil der offenbar wirklich Ahnung von den Vorgängen in der Internetwirtschaft hat und es mich interessiert, was er so schreibt – solange es nicht allzu viele Foursquare-Logins sind. Twitter war noch nie Mainstream; das zeigt allein schon die ziemlich kleine Nutzerzahl im Vergleich zu Facebook oder den Netznutzern, die überhaupt einen Bogen um soziale Netze machen. Dafür ist Twitter ein irres Konzentrat kreativer und toller Menschen, die mein Leben extrem bereichert haben. Zumindest in meiner Timeline, in die ich einfach nicht reingucke, wenn ich gerade keinen Bock habe.
Punktlandung! Besser kann man es nicht beschreiben. Höchstens noch, dass es ein wenig Aufwand ist, sich bestimmte Follower (Spammer) vom Hals zu halten. Schließlich will man ja deren Werbung nicht noch transportieren …
[...] YuccaTree Post – Twitter: Nils Jacobsen sieht das Ende des Hypes [...]
Nun ja, das Beispiel mit RTL zeigt doch aber, wie viele Leute denken. In gewissen Kreisen (so wag’ ich mich einfach vor) wird doch höchstens heimlich ferngesehen. Oder man sag: Ich gucke eigentlich gar nicht mehr, höchstens mal arte.
Fernsehen wird für doof befunden, weil eine handvoll werbefinanzierter Free-TV-Sender weite Sendestrecken mit Programm füllt, zu dem ich mich jetzt auch nicht positiv äußern möchte. Schon dass diese Sender durchaus auch interessante Sendungen zu bieten haben, fällt unter den Tisch.
Dabei ist die Auswahl an Fernsehsendern nicht nur sehr, sehr, sehr viel größer. Die meisten Fernsehsender bieten dazu ein annehmbares bis anspruchsvolles Programm.
Und ja, was Twitter angeht: Nicht zu viel Twittern, das vertreibt die Follower in der Regel.
Für Musiker und Fans ist Twitter eine großartige Plattform. Wenn gerade Lady Gaga besonders viele Follower hat, dann liegt das daran, dass sie allgemein populär ist. Das mag man finden, wie man möchte. Aber man könnte auch Musik ablehnen, weil in den Charts angeblich nur Müll platziert sei.