Die Zukunft von Flattr: 50.000 Euro für Spiegel Online oder Millionen für Facebook

Andreas Griess hat auf Carta heute das Phänomen Flattr auf interessante Weise weitergedacht. Gewinner der Entwicklung könnten die großen Verlagshäuser sein – oder auch Facebook.

Er hat sich gefragt, was eigentlich passiert, wenn der soziale Bezahldienst Flattr sich auf breiter Basis durchsetzt. Wir erinnern uns: Jeder Teilnehmer setzt sich selbst monatlich ein bestimmtes Budget, das er mit Klicks an Blogs verteilen kann, wann immer ihm ein Artikel gefällt. Das bedeutet auch: Klickt ein Anwender sehr viel, bekommt das einzelne Blog unterm Strich nur wenig ab vom Kuchen.

Hier kommen die großen Verlagshäuser mit ihrer breiten Leserschaft ins Spiel. Zum Beispiel Spiegel Online mit seinen fast 140 Millionen monatlichen Visits. Der Spiegel veröffentlicht Tag für Tag eine große Zahl von Artikeln, die geeignet sind, Flattr-Klicks einzufahren. Die breite Leserschaft würde viel mehr als früher klicken, wenn auf jeder prominenten Webseite ein Flattr-Button prangt. Am Ende würden vor allem die großen Seiten hohe Einnahmen verbuchen, während für die Blogger nur Krümel vom Kuchen bleiben.

Andreas Griess hat es mal hochgerechnet: Wenn die taz mit ihren 4 Millionen Visits auf ungefähr 1000 Euro kommt, könnte zum Beispiel Spiegel Online auf 50.000 Euro kommen, wenn man den Effekt berücksichtigt, dass dort auch mehr Artikel erscheinen.

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Allerdings muss ich einschränken: Ich glaube, dass der soziale Effekt bei Flattr wirklich funktioniert, das heißt, dass es eine Tendenz gibt eher nicht zu klicken, wenn man das Gefühl hat, dass ein Angebot sowieso schon hinreichend finanziert ist und von Werbung strotzt. Sollte Spiegel Online tatsächlich anfangen zu flattrn, sähen sie sich vermutlich der Kritik der Community ausgesetzt und müssten Sorge tragen, selber auch ein wenig Geld via Flattr-Klicks in die Community zurück fließen zu lassen. Allerdings wäre das drastisch unausgewogen: Zehntausende Euros gegen die Maximal 100 Euro, die ein Account sich derzeit als Budget setzen kann.

An dieser Stelle ist Andreas Griess aber noch nicht fertig mit seinem Gedanken. Der Pionier ist ja selten derjenige, der später auf dem Markt den Reibach macht. Sobald ein anderer Dienst das Flattr-Konzept kopiert und gar verbessert, könnte dieser schnell zum Platzhirsch werden. In vorderster Reihe steht hier Facebook mit seinem Like-Button. Für Facebook wäre es vermutlich ziemlich einfach, eine Bezahlfunktion an die vorhandene Infrastruktur anzubinden. Außerdem ist mit den “Credits” ja bereits eine interne Währung vorhanden und das “Liken” funktioniert auch ohne Geldfluss – Zuckerberg könnte den Anwendern überlassen, ob und wieviel Geld sie an einen Like-Klick knüpfen wollen. Facebook könnte damit alleine wegen der breiten Nutzerbasis alle anderen Dienste vom Markt fegen.

Ein Gedanke zu „Die Zukunft von Flattr: 50.000 Euro für Spiegel Online oder Millionen für Facebook“

  1. Mag, dass die großen Medienhäuser von vielen der jetzigen Flattr User kritisiert würden – aber für den Erfolg von Flattr ist es sehr wichtig, dass die Medienkonzerne dabei sind, um das Modell zu etablieren und für eine große Verbreitung zu sorgen.

    Die Blogger verdienen dann bestimmt nicht schlechter, sondern eher besser, wenn nicht nur ein paar Eingeweihte mitmachen.

    Ja, für Facebook wäre das ein interessanter Markt. Ob Facebook allerdings alleine im großen Stil solch ein Projekt erfolgreich umsetzen könnte, ist eine andere Frage. Sinnvoller wäre, wenn etwa ein Kreditkartenunternehmen einsteigen würde und Facebook “nur” als Partner dabei wäre.

    Um das mit dem Like-Button aufzugreifen. Warum sollte nicht der schon etablierte (!) Like-Button mit einer (sagen wir mal so) Flattr-Funktionalität verstehen werden?

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