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Netzneutralität und warum sie so wichtig ist für das Internet der Zukunft

Ein beherrschendes Thema auf der re:publica ist das dröge Wort „Netzneutralität“, das sich leider nur schwer verkaufen lässt, aber für das Internet, das Leben darin und die Gesellschaft von ungeheurer Bedeutung ist. Im Kern geht es um die Frage, ob alle Datenpakete gleichberechtigt durchs Netz wandern, oder bestimmte bevorzugt werden. Angriffe auf die Netzneutralität gleichen dem Versuch, das Vorfahrtsrecht im Straßenverkehr an den meistbietenden zu verkaufen.

Bevorzugung gibt es heute eigentlich schon bei Voice-over-IP, damit Telefongespräche nicht abbrechen. Die Internet-Provider wittern neue Einnahme-Quellen, wenn sie dazu übergehen, nicht nur von den Endkunden in den Haushalten den DSL-Zugang bezahlen zu lassen, sondern auch die eh schon mit Finanzierungschwierigkeiten kämpfenden Inhalte-Anbieter. Große Medienhäuser haben ein Interesse daran, dass ihre Webseiten bevorzugt ausgeliefert werden, und wohl auch das nötige Kleingeld, die Provider dafür zu bezahlen.

Kleinere Anbieter wären also stark benachteiligt bis hin zur Blockade, wenn zum Beispiel Mobilfunk-Provider Skype blockieren, um billige VoIP-Telefonate per Handy über das Internet zu verhindern. Manche Anbieter drosseln oder blockieren heute auch schon den Filesharing-Verkehr. Bürgerrechtler befürchten, dass diese Praxis auf immer weitere Inhalte angewandt werden könnte – bis hin zu staatlichen Zensurmaßnahmen, die nicht mehr so einfach umgangen werden können wie die Netzsperren, die Ursula von der Leyen letztes Jahr durchsetzen wollte.

Wichtigster Knackpunkt: Um Inhalte zu bevorzugen oder zu blockieren, muss permanent der Datenverkehr im Netz überwacht werden. Die Technik hierfür ist mit „Deep Packet Inspection“ bereits vorhanden und sie ermöglicht tiefe Eingriffe in den Datenverkehr im Netz. Während Provider aus finanziellen und Staaten aus politischen Gründen an der Abschaffung der Netzneutralität interessiert sind, versuchen Bürgerrechtler die Öffentlichkeit für das sperrige Thema zu sensibilisieren.

Hier sind die Regulierer – allen voran die Bundesnetz-Agentur – gefragt, Regeln zu schaffen. Das Spektrum der Forderungen reicht von gesetzlicher Festschreibung völliger Neutralität bis hin zur Idee, die Frage einfach dem freien Markt zu überlassen, der es schon richten würde. Bei der EU soll es noch in diesem Sommer eine Anhörung zum Thema geben, wobei die zuständige Kommissarin Neelie Kroess auf dem Standpunkt steht, dass das Internet nicht von Natur aus neutral sei.

Bürgerrechtler sehen die Zukunft des Internet düster: unliebsame Inhalte nur noch quälend langsam oder gar nicht oder eventuell sogar das Ende der Flatrate, wie wir sie heute kennen und stattdessen Bezahlmodelle, bei denen bestimmte Inhalte im Basistarif schnell laden, während andere Inhalte nur gegen weitere Zahlungen zugänglich werden. Das Fatale ist, dass genau hier die Lösung für das Finanzierungsproblem der Medienhäuser liegen könnte. Viele bleiben aber auch gelassen: Auch beim Angriff auf die Netzneutralität dürfte die Selbstheilungskraft des Internet im Verein mit der Kreativität von Hackern zu neuen Strukturen führen, die Kontrollen und Sperren umgehen.


 
 
 
 

3 Kommentare zu “Netzneutralität und warum sie so wichtig ist für das Internet der Zukunft”

  1. Der Matthäuseffekt | Webevangelisten - 18. April 2010 um 20:13

    [...] Anders ausgedrückt: Es ist nicht mehr viel Geld oder es sind keine teuren Druckmaschinen mehr nötig, um sich Gehör zu verschaffen: Allein eine „richtige“ Botschaft ermögliche es einem Menschen zu gleichberechtigter Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs: Das Netz mache alle gleich (siehe dazu auch die Diskussion um Netzneutralität). [...]

  2. re:publica 10: Das, was bleibt « offensichtlich - 19. April 2010 um 11:32

    [...] Yuccatree: Netzneutralität und warum sie so wichtig ist für das Internet der Zukunft [...]

  3. re:publica XI: Nachberichte der rp10 | offensichtlich - 8. April 2011 um 09:00

    [...] Yuccatree: Netzneutralität und warum sie so wichtig ist für das Internet der Zukunft [...]