Aber klar. Wer erstmal drin ist, checkt dauernd seine Profile auf sämtlichen Plattformen, um nur ja nichts zu verpassen und macht scheinbar nichts anderes mehr. Toiletten heißen neuerdings Twitterkabinen und neulich habe ich mich mit einem Bekannten darüber unterhalten, ob es nicht doch zu gefährlich ist, das teure Smartphone mit in die Badewanne zu nehmen. Sind wir alle online-süchtig?
Dazu gibt es jetzt eine Studie aus den USA. Demnach schauen 48 % aller Onliner auch noch Abends im Bett auf Facebook & Co. vorbei. 11 % der über 25jährigen und sogar 18% der jüngeren halten es nur ein paar Stunden ohne Internet aus. Und mehr als die Hälfte in beiden Altersgruppen müssen mindestens einmal am Tag bei Facebook vorbeischauen.
Ich werde allerdings immer leicht skeptisch, wenn irgendwo wieder ein Artikel mit “Forscher aus den USA haben herausgefunden…” beginnt. Das beginnt schon bei der Frage, wie denn diese Gruppe der “Onliner” eigentlich definiert wird und ob man die Offliner mitrechnen sollte, weil sie bewusst nicht mitspielen, oder nicht mitrechnen darf, weil sie noch nicht soweit sind? Das würde die Prozentzahlen schonmal drastisch verändern.
Ich bekenne: Ich bin kein Bisschen besser als die Probanden. Allerdings ärgert mich der Begriff Online-Sucht und ich finde ihn unangemessen. Eine Sucht bedeutet nicht nur, etwas nicht bleiben lassen zu können, sondern auch, dass man dafür sich selbst, das soziale Umfeld und das übrige Leben vernachlässigt. Und ich habe ganz und gar nicht das Gefühl, das zu tun. Im Gegenteil – mein Freundes- und Bekanntenkreis war nie größer – und damit meine ich das reale Leben und keinen Bildschirm.
Seien wir mal ehrlich: Wer wird nicht nervös, wenn das Telefon mal für ein paar Stunden ausfällt? Ist es nicht ein saudoofes Gefühl, wenn ein Mitbewohner/Familienmitlgied den Briefkastenschlüssel verbaselt hat? Wieviele Menschen haben einen Fernseher im Schlafzimmer? Ist von drohender Literatursucht auszugehen, wenn Kinder nachts im Schein der Taschenlampe heimlich lesen? Kann man wirklich Kommunikation als Sucht bezeichnen?
Ein wenig erinnert mich diese Diskussion an einen fiktiven Dialog im 19. Jahrhundert: “Gottlieb, wir müssen etwas tun. Unsere Tochter liest Romane.” Wann wirft die Pharma-Industrie die ersten Anti-Twitter-Pillen auf den Markt?
[via: Die Karrierebibel]
Solch unsinnige Studien und Meinungen tauchen doch immer wieder auf. Als World of Warcraft noch recht neu war bzw. 1 oder 2 Jahre nach Release wurden in zig Magazinen irgendwelche Kugendliche vor die Kamera gezerrt, die angeblich ihr Leben mit WoW versaut haben…wir leben wohl in einer Zeit, die viele Ältere nicht mehr so ganz begreifen und da ist dann jeder Bullshit – wie eben jene Studie – herzlich willkommen, um das eigene Weltbild zu untermauern.
Ich habe kurz getwittert, sehe da aber kaum Sinn darin. Fast alle Leute die mich verfolgten/verfolgen, hatten/haben starke Blogs mit zighundert Followern…
Da werden am Tag zig Nachrichten von allen Leuten getwittert. Glaube kaum, dass sich da nur 20% meiner Follower durchlesen, was ich da twittere. Vertraue da dann doch lieber Facebook.
Aber so übel ist Twitter nicht, da es kaum zeitaufwändig ist, wenn man selbst nur 1-2 mal pro Tag etwas twittert und sonst nicht viel mitliest. :-)
… süchtig vielleicht nicht – aber einsam?
Julia
Ganz ganz sicher nicht einsam. Völlig im Gegenteil, jedenfalls bei mir. Schrob ich ja schon im Artikel.