Letzte Bastion hält: Verfassungsgericht kippt Vorratsdatenspeicherung
02. März 2010 - Jürgen Vielmeier
Das Bundesverfassungsgericht hat heute Vormittag die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bestehenden Form für nichtig erklärt. Bislang gespeicherte Daten müssen umgehend gelöscht werden. Der Gesetzgeber muss nachbessern – wenn er die Speicherung fortsetzen will. Ein leichtes Aufatmen geht durchs Web. Doch das Gesetz ist damit noch nicht vom Tisch.
Die Eckpunkte der Vorratsdatenspeicherung verstoßen gegen Artikel 10 des Grundgesetzes (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis), urteilten die Karlsruher Richter. Sie sehen in der anlasslosen Speicherung der Daten ein Klima, das ein Gefühl des Beobachtens hervorrufen kann, welches die Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigt.
Eco sieht noch höhere Kosten auf Internetprovider zukommen
Die Erlässe zur Vorratsdatenspeicherung sind nichtig, die Speicherung generell aber nicht. Es kann damit weitergehen, sobald der Gesetzgeber nachbessert. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier mahnte zum Beispiel eine anspruchsvolle Verschlüsselung und eine getrennte Speicherung der Verbindungsdaten an, die bislang personenbezogen erfasst werden.
Der Internetverband eco hat seit jeher die hohen Kosten kritisiert, die Internetprovidern durch die massive Datenspeicherung entstanden. Nun bemängelt eco die Entscheidung der Verfassungsrichter: Beschließe der Gesetzgeber, die Speicherung mit strengeren Sicherheitsrichtlinien fortzusetzen, kämen auf die Anbieter noch höhere Kosten zu.
Die FDP als Zünglein an der Waage?
Die Frage wird sein, ob die neue Bundesregierung an der Vorratsdatenspeicherung festhalten will, das unter der Großen Koalition unter Federführung des damaligen Bundesinnenministers und jetzigen Finanzministers Wolfgang Schäuble entstanden ist. Das werden die nächsten Monate zeigen. Journalist Richard Schnabl erwartet nicht, dass die FDP für ein neues Gesetz zu haben ist.
Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl plädiert ebenfalls dafür, Druck auf die Bundesregierung, vor allem auf die FDP auszuüben. Er kritisiert, dass die Speicherung zwar unter hohen Auflagen aber dennoch fortgesetzt werden kann und schreibt: “Hier hätte ich mir ein deutliches Zeichen gegen eine anlassunabhängige Speicherung gewünscht.”
Die Vorratsdatenspeicherung verpflichtet Telekommunikationsanbieter, die Kommunikationsdaten (wie Telefon und Internet) ihrer Kunden sechs Monate lang zu speichern. Protokolliert wird damit zum Beispiel, wer wann das Internet benutzt und wann mit wem telefoniert hat. Die Daten müssen Behörden wie dem Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst selbst ohne richterliche Anordnung zur Verfügung gestellt werden.
[...] los wäre. Es gibt weitere Meinungen zum Thema Vorratsdatenspeicherung, aber darüber habe ich ja gestern schon berichtet. Apple verklagt Nebenbuhler HTC wegen vermeintlich gestohlener Patente. Kurios daran ist [...]
Hierzu kann ich bei uns auf detektor.fm interessante Interviews mit Markus Beckedahl (Mitglied des Arbeitskreises Datenspeicherung) und mit Helmut Brandt (CDU, Mitglied des Bundestages) empfehlen.
http://detektor.fm/politik/verfassungsgericht-kippt-vorratsdatenspeicherung/
[...] mehr die Einführung der Vorratsdatenspeicherung fordert, welche doch in der bisherigen Form vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden war? Bin Laden ist tot und auf der ganzen Welt dürfte die Alarmbereitschaft steigen – [...]