Berliner Aktivisten montieren Peilsender an Google-Street-View-Auto, verhöhnen Fahrer

Mitglieder der Berliner Künstlergruppe F.A.T. (Free Art & Technology) entdeckten einen parkenden Wagen von Googles Street-View-Flotte und brachten spontan einen GPS-Peilsender daran an. Seitdem kann man die Route des Fotowagens im Web verfolgen und sich mit etwas Geschick auf einem Street-View-Foto verewigen. Erste “Aktivisten” nutzten die Möglichkeit, um Google auszubuhen. Warum nur so feindselig?

Waren wir nicht mal ein technologiefreundliches Land? Ist es nicht irgendwie schon nett, wenn man sich ansehen kann, wie Straßenzüge in den USA, Australien, China, München, … aussehen? Ilse Aigner (CSU), Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, will jetzt allen Ernstes, dass Google sich erst von jedem Haushalt der Bundesrepublik eine schriftliche Genehmigung holt, bevor der Straßenzug fotografiert werden darf.

Ja klar doch! Ich stelle mir gerade vor, wie die 90-jährige Oma an der Straßenecke völlig verängstigt ihren Enkel anruft um zu fragen, welcher Fernsehsender das denn sei, der da ihr Haus durchleuchten will.

Das obige erste Video einiger Berliner jedenfalls finde ich eher beschämend. Dass die Leute nicht Mistgabeln schwingend, faule Eier und Tomaten werfend auf den Fahrer los gegangen sind, ist alles, was noch fehlte. Damit man die Route des Autos nachverfolgen kann, hat die F.A.T. übrigens einen Kartendienst wohl welchen Anbieters auf die eigene Website eingebunden? Dreimal dürft ihr raten…

Google Street View in Berlin

F.A.T.: Merkt ihr eigentlich nicht, wie widersprüchlich das ist? Warum habt ihr damals nicht gegen Google Maps/Earth protestiert? Kann doch jetzt schließlich jeder euer Haus von oben sehen! Ach so, das ist egal, solange niemand weiß, wo ihr wohnt? Klar, bei Street View ist das natürlich was ganz was anderes.

via leafrs.de, Basic Thinking, Netzpolitik

14 Gedanken zu „Berliner Aktivisten montieren Peilsender an Google-Street-View-Auto, verhöhnen Fahrer“

  1. Ich finde die Aktion grundsätzlich gut. Endlich dreht mal jemand den Spieß um! Das heißt Google wird jetzt mal ausspioniert und nicht immer nur anders herum.

    Google weiß doch mittlerweile alles über uns. Google weiß wo wir wohnen (Google Earth/Maps/StreetView), Google liest unsere E-Mails (GoogleMail), Google weiß auf welche Werbebanner wir gerne klicken (Google AdSense) und und und… Mir ist dieses Unternehmen höchst suspekt und das, obwohl ich mich als durchaus “technologiefreundlich” bezeichnen würde.

    Technologiefreundlichkeit bedeutet nämlich nicht, dass man per se alles akzeptiert, nur weil es neu und “in” ist. Man darf ruhig zwischendurch mal die graue Masse zwischen den beiden Ohren hochfahren und kritisch mit den Big-Playern im Internet-Business umgehen, so wie es die o.g. Aktivisten getan haben.

  2. das ist nicht widersprüchlich, das ist ironisch – eine humorvolle protestaktion mit einem lynchmob zu vergleichen hingegen eher traurich…

  3. @toli Man weiß es nicht so genau. ;)

    @Andreas: Lynchmob ist nochmal was anderes. Die ganze Aktion mag witzig gedacht sein, das, was die Meute in dem Video veranstaltet, hat m.E. mit gediegenem Humor nicht viel zu tun. Das ist einfach nur billig und ignorant.

  4. Die Aktion, ein Google streetview-Fahrzeug zu verfolgen ist an sich sicher nicht so übel und wäre auch kein Problem, wenn diese Verhöhnung nicht wäre. Den Fahrer des Fahrzeugs so anzupöbeln wie auf den Video zu sehen ist jedoch ganz und gar unangemessen. Das hat überhaupt keinen Sinn und dient wohl nur der Befriedigung pupertärer Wünsche. Einen angeblich bösen einfach auszubuhen und zu beleidigen ist zwar einfach aber absolut sinnlos.

    Für diejenigen, die meinen das Google alles über uns wisse sei gesagt, das Google auch nur die vorhandenen Daten sammelt, die _wir_ als Nutzer bereit sind, an anderer Stelle herauszugeben. Das fängst bei der Suche an, geht über die Google-eigenen Dienste, welche trotz allem noch kein Muss sind, und hört bei zahlreichen Websites auf, auf denen viele Haufenweise Daten und private Details hinterlassen.

    Das heißt aber nicht, das man google nicht hinterfragen sollte. Man sollte es nur fair tun, und sich mal beide Seiten der Medaille anschauen.

  5. Hey Jürgen, klasse Artikel. Ich kann auch diesen ganzen Anti-Google Hype nicht mehr hören. Die meisten dieser Aktivisten und wie sie sich auch immer nennen mögen haben jahrelang jeden Furz über Google suchen lassen und machen jetzt einen auf Anti.
    Wenn in ein paar Jahren jede Suchanfrage kostenpflichtig wird, können sich ja mal alle an die eigenen Nasen packen warum sie diesen Dienste Anbieter so negativ machen mußten.
    Freunde, das ist wie Mc Donalds. Keiner geht hin und trotzdem haben die wieder einen neue Bude eröffnet.
    Wenn sich für Google keine User finden lassen würden, würden auch keine Dienste mehr angeboten!!
    Vg
    Oli

  6. Hi. DAnke für den Artikel und ich hatte auch kurz auf Twitter die Meldung von F.A.T. gesehen, da ich der #tm10 folgte.

    Ich fand die Aktion jetzt auch nicht so krass.
    Ja, es stimmt schon, dass man sich fragen kann warum da eine Firma verhöhnt wird, dessen Services wir, auch die da grad die Aktion machen, nachher fast 24h am Tag kostenfrei nutzen.

    Wahrscheinlich ist das anbringen eines GPS Peilsenders und dessen Verfuegbarmachung auch nicht rechtens. Es ist ein bisschen wie Räuber und Jandarm.

    Ich versuch mal in Worte zu fassen, was mir persoenlich dabei für Gedanken kamen.

    Vielleicht sind uns die Kosten nicht so bewusst und fallen auf einer anderen Ebene an. Diese Kosten gehen wir alle auch gerne ein, da der Nutzen vorhanden ist.

    Wenn uns aber gezeigt wird, dass da eines der größten Unternehmen der Welt tatsächlich mit einer Kamera durch unser Leben fährt und alles fotografiert und anschließend jedem zur Verfügung stellt, dann ist die Reaktion der Leute, die ich hier einfach nur als eher wenig reflektierte Affekthandlung halte, schon sehr interessant. Ob unreflektierte Affekthandlungen und Kunst zusammenpassen? Das weiß ich jetzt auch grad nicht. :)

    Aber da ist ein Herr oder Frau GOOGLE der kurz konzentriert zeigt was notwendig ist, um nachher so einen Dienst zur Verfügung zu stellen. Die Irritation auf eine Kamera die ungefragt Bilder von uns macht und dabei nicht gerade klein ist, ist doch eher aus dem allgemeinen Leben (vielleicht nur in Deutschland) gelernt. “Mach nicht einfach so ungefragt von jedem Menschen Fotos”. Frag mal einen Engländer was er vom Thema Surveillance hält. Vielleicht sollte Google mit Flyern um sich werfen, watch yourself on http://www.google.de/i_made_a_picture_of_you_and_now_you_are_famous
    Ich kenne kaum jemand, der nicht in einer Disco gern sein strahlendes Gesicht in die DigiCams von den Online-Paparazies hält und sich dann anschliessend eine Visitenkarte geben lässt. Die offensichtliche Belohnung, das direkte ServiceVersprechen ist da ein anderes als hier mit Google. Vielleicht eine etwas andere Sache als jetzt wie die GEZ durchs Land zu laufen und Unterschriften einzutreiben, das geht auch in Nett.

    Warum schaffen sie es denn diesmal nicht? Vielleicht ein bisschen mehr Liebe im Detail der Ausführung und die Leute würden tatsächlich applaudieren und sich freuen. 321meins

    GOOGLE ist zur Zeit nicht als böse Macht zu bezeichnen, aber diese dicke Keule auf dem Dach eines Autos hat schon was von “einem Zeigefinger der Überwachung”. Pappa kommt mal vorbei uns schaut nach dem rechten. Und ich kenne viele Menschen, die auf Pappa schaut nach dem rechten Aktionen etwas unkontrolliert mit Trotz reagieren. Oder es ist so wie wenn du mit einem Kidn zum Impfen gehst. Der Nutzen ist da. Aber ich kenne kein Kind, dass sich darueber freut mit einem kurzen Schmerz für ein Leben mit einer gefährlichen Krankheit weniger zu verbringen.

    Ergo: Zur Zeit überwiegt der Nutzen für die Dienste von Google und auch der neue Dienst wird wahrscheinlich keine wahrnehmbaren Negativeffekt für uns haben, da das schlecht für das Geschaeft von Google wär. Die Reaktion von F.A.T. zeigt aber auch, dass es Ängste und wenigsten unterschwellig Ablehnungskomponenten gibt. Ein Unternehmen wie Google hat sicherlich zu erwartende Menge an Hürden bedacht und in zwei Jahren redet keiner mehr davon. Aber sollte es nachher nach hinten losgehen, dann war an dieser Stelle kurz mal ein Hinweis, dass nicht alle Menschen applaudieren.

    Gruss und schoenen Tag

  7. Etwas traurig ist das schon, dass F.A.T. das Google Auto auf Google Maps verfolgt hat und auch die Sache mit dem Poebel find ich etwas unangemessen AAAABER…

    In den USA ist Google mit seinem Streetview Team mehrfach eindeutig zu weit gegangen. Im internet finden sich zahlreiche dokumentierte Faelle (wer’s nicht glaubt darf jetzt… ihr ahnt es… Googlen) in denen die Fahrer auf Privatgrundstuecken unterwegs waren. Zwar bietet Google eine Melde-Funktion durch die man sein Eigen heraus-retouchiren lassen kann aber wieso ist es meine Verantwortung zu ueberwachen ob Google auf meinem Grundstueck war?

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