Wenn’s emotional werden soll: Produzenten recyceln Musik aus anderen Filmen

Trailer sollen Stimmung machen. Die Musikstücke, die das bewerkstelligen, scheinen aber begrenzt zu sein. Im aktuellen Trailer von “Avatar” sorgt ein Stück für Emotion, das auf dem Soundtrack nicht zu finden ist – dafür aber im Film “The Island”. Keinesfalls ein Einzelfall, oft sogar versuchte Manipulation.

“My Name is Lincoln” von Steve Jablonsky ist nicht der Name für ein Musikstück, das man mit gleich zwei Kinofilmen assoziieren würde. Doch das sanft klingende Arrangement aus Streichern und Chor scheint sich besonders gut für Filme zu eignen, in denen die Helden die ihnen bekannte Welt verlassen und eine neue betreten.

Zum ersten Mal fiel es mir auf im Trailer von “Avatar” (Hintergrundmusik von Minute 0:25 bis Minute 1:10):

Als ich für die Suche nach dem Titel Shazam bemühte, ordnete die iPhone-App es zu meiner Überraschung dem Soundtrack von “The Island” zu. Und tatsächlich, plötzlich fiel mir das emotionale Ende von Michael Bays Science-Fiction-Film wieder ein (Spoiler-Warnung!):

Die erstaunlich ähnlich klingende Hintergrundmusik in der traurig-schönen Schlusssequenz von Ridley Scotts Schlachtenspektakel “Gladiator” heißt “Now we are Free” und stammt von Filmmusiker Hans Zimmer:

Ursprünglich also geschrieben für den Gladiatorenfilm im antiken Rom, dient die Musik interessanterweise auch als Hintergrundkulisse für den Trailer zu Zhang Yimous chinesischem Martial-Arts-Film “House of Flying Daggers”:

Yann Tiersen verwendete das Klavierstück “Comptine d’un Autre Été” sowohl für die Romanze “Die fabelhafte Welt der Amelie” …

… als auch für eine traurige Szene in der deutschen Wendekomödie “Good Bye Lenin.”

Der junge Ernesto Guevara lässt am Ende von “Motorcycle Diaries” in Schwarz-Weiß die Eindrücke seiner Reise durch Südamerika Revue passieren. Im Hintergrund verdeutlicht dabei “De Usuahia a la Quiaca” des begnadeten Gitarristen Gustavo Santaolalla Ernestos “Wandlung” zum Ché:

Dasselbe Lied taucht auch in einer Abschiedsszene in Wong Kar Wais Romanze “My Blueberry Nights auf”.

Ich habe nichts dagegen, wenn Musikstücke für eine besonders schöne Bild-Ton-Schere wiederverwendet werden. Nur frage ich mich, ob die Stimmung überhaupt zum Bild passt oder ob damit nicht manchmal Theatralik erzeugt wird, die der Film gar nicht hergibt. Sieht man sich die oben beschriebenen Filmszenen einmal ohne Ton an, fragt man sich schon, ob der Funke noch überspringt. Zumindest beim Trailer von “House of Flying Daggers” und “The Island” scheint es nicht mehr ganz so gut zu funktionieren.

Kennt ihr weitere Beispiele für Musik, die in mehreren Filmen auftaucht?


 
 
 

12 Kommentare zu “Wenn’s emotional werden soll: Produzenten recyceln Musik aus anderen Filmen”

  1. Boris - 10. Januar 2010 um 15:00

    Gute Beispiele :-) Zum ersten Mal ist mir das Song-Recycling damals beim Trailer für den zweiten Herr der Ringe-Film aufgefallen. Da gibt’s diese Bombast-Orchester-Version von “Lux Aeterna” aus “Requiem for a Dream”. Hatte ‘ne ganz andere Wirkung, hat aber imho ganz gut gepasst. Und Yann Tiersen hab ich seit Amelie auch schon häufiger gehört ;-)

  2. Mel - 10. Januar 2010 um 16:21

    Guter Beitrag mit interessanten Beispielen! Was Filme angeht kann ich leider nichts beitragen – aber schon seit Jahren stört es mich, dass bei sooo vielen tragisch traurigen Szenen in TV Reportagen die Nesthäkchen Musik (Musik von Christian Bruhn) rausgekramt wird :(

  3. qm - 10. Januar 2010 um 16:27

    Also bitte mal wieder einen Gang zurückschalten! Was wurde denn hier bitte für ein Skandal “aufgedeckt”? Dass der Score anderer Filme für Trailer verwendet wird, ist üblich und schon seit Jahren so. Jeder, der ein wenig zuhört, wird das auch schon längst “aufgedeckt” haben. Diese Praxis verwundert auch wenig, immerhin brauchen die Trailer eine musikalische Untermalung, den Original Score für den Film gibt es aber noch nicht, da die Postproduktion meist noch nicht abgeschlossen ist. Woher also Musik nehmen? Entweder bedienen sich die Studios bei spezieller Musik für solche Zwecke (siehe Two Steps From Hell oder K9) oder sie nutzen Musik anderer Filme. Die vermag eine vergleichbare Epik oder Dramatik zu vermitteln, kostet die Studios aber oft keine Lizenzgebühren.
    So kommt es, dass der Simpsons-Film eine Trailermusik hat (With great Power), die absichtlich an große Action-Blockbuster angelegt ist, und dass Der Herr der Ringe 2 in der Tat einen Remix aus Requiem for a Dream im Trailer nutzt. Die gleiche Musik wurde auch im Trailer zu Sunshine verwendet. Der neue Star Trek Film wurde einmal von Freedom Fighters (Two Steps From Hell) im Trailer unterlegt und einmal von einer Variation aus dem Dune Score von Brian Tyler.
    Das ist weder neu, noch ein Skandal, noch ein Betrug am Zuschauer. Für den eigentlichen Film gibt es ja dann einen eigenen Score.

  4. Jens - 10. Januar 2010 um 16:32

    Ähm. Aber das ist doch schon immer so daß in Trailern Musik anderer Filme verwendet wird und das ist auch gar nichts geheimes: Das liegt daran, daß zum Zeitpunkt, wenn die ersten Trailer in die Kinos kommen, noch gar keine Musik vorhanden ist. Bei Serien fällt das dann vielleicht nicht so auf (bei Indiana Jones, Harry Potter usw. hört man meistens Musik von den Vorgängern).
    Bewusst aufgefallen ist mir das mal Ende der 80er, als der Trailer von The Abyss zur Musik aus dem Fimale von Starman geschnitten wurde. Aber wie gesagt, das gibts schon immer. Übrigens lief damals unter dem Trailer von “The Island” eines der am häufigsten für Trailer verwendeten Musikstücke aus “Schnee der auf Zedern fällt” (das du evtl. auch aus dem trailer von Matrix Revolutions kennst).

  5. Stefan - 10. Januar 2010 um 16:33

    Dem Kommentar von @qm ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Das ist nix neues. Nur ein Produktionsstudio möchte ich noch nennen: X-Ray Dog. Die produzieren fast ausschließlich Musik für Trailer und teils finden sich sogar Elemente derer Produktionen im Score wieder.

  6. uberVU - social comments - 10. Januar 2010 um 16:38

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    This post was mentioned on Twitter by yuccatree: Wenn’s emotional werden soll: Produzenten recyceln Musik aus anderen Filmen. Von “The Island” zu “Avatar”: http://is.gd/60w7K...

  7. Jens - 10. Januar 2010 um 16:51

    P.S.: Im Trailer von Gladiator wars, wenn ich mich recht erinnere, übrigens die Musik von Conan.

  8. Jens - 10. Januar 2010 um 16:57

    P.P.S.: Das hier ist übrigens der am häufigsten in Trailern verwendete Track überhaupt: http://www.youtube.com/watch?v=_jZ49qsPuyc

    • The Affair of the Necklace (2001) – Theatrical Trailer
    • Alien: Resurrection (1997) – TV Trailer
    • Bulletproof Monk (2003) – TV Trailer
    • The Chronicles of Riddick (2004) – TV Trailer
    • The Count of Monte Cristo (2002) – TV Trailer
    • Dante’s Peak (1997) – Theatrical Trailer
    • The Day After Tomorrow (2004) – TV Trailer
    • The Day After Tomorrow (2004) – International Trailer
    • Dragon Wars (D-War) (2007) – Theatrical Trailer
    • End Of Days (1999) – TV Trailer
    • The Fifth Element (1997) – TV Trailer
    • Final Fantasy: The Spirits Within (2001) – Theatrical Trailer
    • Ghost in the Shell: Innocence (2004) – Theatrical Trailer
    • Godzilla: Final Wars (2004) – Theatrical Trailer
    • The Last Castle (2001) – Theatrical Trailer
    • Mimic (1997) – Theatrical Trailer
    • The Mummy Returns (2001) – Theatrical Trailer
    • The Mummy Returns (2001) – Teaser Trailer
    • The Ninth Gate (1999) – Theatrical Trailer
    • Phantoms (1998) – Theatrical Trailer
    • Rat Race (2001) – Theatrical Trailer
    • The Ring (2002) – Theatrical Trailer
    • The Ring (2002) – TV Trailer
    • Royal Deceit (1994) – Theatrical Trailer
    • The Scorpion King (2002) – DVD Trailer
    • Sonatine (1998) – Theatrical Trailer
    • Vanilla Sky (2001) – TV Trailer
    • The Virginian (2000) – Theatrical Trailer
    • Zu Warriors (2002) – Theatrical Trailer

    Quelle: http://www.soundtrack.net/trailers/frequent/

  9. Daniel - 10. Januar 2010 um 18:29

    Lol, was ist denn das für ein – entschuldigung – etwas dümmlicher Eintrag?

    Dass die Musik in Trailern nicht die eigentliche Filmmusik ist, ist nicht Aussnahme und Skandal sondern Standard. Und jetzt überlegen wir einmal kurz, woran das liegen könnte? Schonmal dran gedacht, dass die Filmmusik oftmals noch gar nicht fertig ist, wenn die Trailer laufen…?

    Ganz davon abgesehen, gibt es eine ganze Branche, die nur Musik für Trailer produziert – die kommen dann auch nie im Film vor, sondern sind speziell für Trailer erstellt.

    Wo ist das Problem? Nettes Blog, aber dieser Eintrag ist ein bisschen lächerlich. Sorry… ;)

  10. Daniel - 10. Januar 2010 um 18:33

    Ok, das haben hier vorher auch schon andere erkannt. Sehr gut.

  11. Robin - 10. Januar 2010 um 21:16

    Also ich hab Avatar ja nur geguckt weil ich den Trailer genial fand wegen der Musik… Der Film war natürlich super, auch ohne dass die Musik darin vorkam. Die Musik auch… Kann also schon verstehen warum die die nehmen, auch die 2. Musik von audiomachine ist super… Trotzdem natürlich sehr unkreativ und kann in einigen Fällen bestimmt auch enttäuschen wenn die Musik ein falsches Bild des Films übermittelt, aber bei Avatar war das bei mir überhaupt nicht der Fall!

  12. Twitter Tweets 2010-01-10 - - So Do Media: Filmblog – Medienblog - 11. Januar 2010 um 01:57

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