05. Oktober 2009 - Jürgen Vielmeier

Eigenartige Zahlen: Gleich mehrere Blogs und Medienmagazine berichten heute über eine Statistik von Brian Solis, der die wichtigsten Social Networks der Welt nach ihrer Geschlechter-Verteilung untersucht hat. Punchline: Bei Facebook, Bebo und Co. sind Frauen klar in der Überzahl.
Basierend auf die Daten von Solis hat Lisibo eine hübsche Statistik gebastelt, die das Ergebnis unterstützen soll:
Lediglich das Social-Bookmarking-Tool Digg wäre demnach noch eine Männerdomäne. Die Begründung ist ebenso schnell gefunden: Frauen sind halt kommunikativer als Männer und haben die anfänglichen technischen Barrieren des Internets längst überwunden.
Aber es bleiben Zweifel. Die Zahlen stammen von Google AdPlanner, einem Tool, das messen will, welche Seiten wie oft von welchen Bevölkerungsschichten besucht werden: Männer, Frauen, Menschen mit oder ohne Hochschulabschluss, geringem oder hohem Einkommen. Dazu zieht AdPlanner eigene Suchdaten und Marktforschungsergebnisse Dritter heran. Gemessen werden jeweils die Besucher der Websites. Es sind also mitnichten eigene Informationen der Dienste wie Facebook oder Twitter. Ebenso wenig sind die Ergebnisse mit repräsentativen Bevölkerungsstudien zu vergleichen.
Interessanterweise unterstützen andere Studien des Jahres die Zahlen: Laut Nielsen waren im Juni 54,1 Prozent der deutschen Twitter-Nutzer weiblich. Sysomos sieht diese Zahl bei 53 Prozent. Laut Google AdPlanner sind es nun also 57 Prozent.
Trend ohne Gegenbeweise nur schwer zu widerlegen
Warum nur kann ich mir nicht vorstellen, dass das stimmt? Mein Eindruck ist, dass Frauen erst sehr zögerlich ins Web 2.0 wandern: Klar sind bei Twitter inzwischen viele Frauen unterwegs, aber mehr als ein Viertel scheint es gefühlt nicht zu sein. Und lässt man Kontaktnetze wie Facebook einmal außer Acht, glaubt man es zumindest bei sehr technischen Diensten wie Friendfeed nicht. Auch hier sollen 55 Prozent der Nutzer weiblich sein.
Mein einziger Gegenbeweis: Die mit Daten aus dem März dieses Jahres. Die ergab, dass nur 25,7 Prozent der deutschen Twitter-Nutzer Frauen sind.
Wenn die Zahlen also eher in die Richtung gehen, die ich für realistisch halte, frage ich mich doch, wie die anderen Studien und Zensus-Tools auf diese Ergebnisse kommen: Haben sie Fake-Accounts wie von “SweetestGirl84xxx” mitgezählt? Wie arbeitet eigentlich Google AdPlanner und wo im Web muss man noch gleich angeben, ob man männlich oder weiblich ist.
Schade, dass ich keinen besseren Gegenbeweis habe. Bis dahin bleibe ich bei solchen skeptisch Zahlen skeptisch – wie bei jeder Studie. Also, ihr Frauen des Web 2.0: Wo seid ihr und welche Seiten besucht ihr gerne?
Yeah, endlich mal ein paar Clubs mit Frauenüberschuss. Jetzt hätte ich das gerne noch für meine Stadt :-)
[...] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Peter Pletsch, Ressourcing und YuccaTree erwähnt. YuccaTree sagte: Frauen regieren das Social Web! Frauen regieren das Social Web? http://j.mp/BNXF2 [...]
Twitter, Friendfeed, Myspace, Last.FM, Xing, Facebook, delicious, flickr (absteigend nach Beliebtheit sortiert).
Abgesehen von Myspace (da liegt der Frauenüberschuss eher bei gefühlten 100%) denke ich aber auch nicht, dass diese Statistiken so hinhauen. Naja, bei Facebook ganz eventuell noch, aber ansonsten, insbesondere bei twitter, klappt das wirklich nur wenn man die Abermillionen Spamaccounts als weibliche mitgezählt hat.