Google ist unzufrieden und krämpelt den Android Market um

Android hat iOS mittlerweile überholt, was die Anzahl der Smartphones betrifft und auch der Android Market ist 2010 schneller gewachsen als alle anderen App-Verkaufsstellen. Glücklich ist man bei Google allerdings nicht: Gemessen an der Zahl der Anwender bleibt der Android Market immer noch weit hinter Apple AppStore zurück.

Und das in jeder Hinsicht: Was die Zahl der Anwendungen betrifft als auch die Zahl der Downloads und die Höhe des Umsatzes, der mit App-Verkäufen gemacht wird. Schwaches Bild für das derzeit auf Smartphones meistgenutzte System. Google will deswegen noch dieses Jahr den Market umkrämpeln, wie Eric Chu dem Forbes-Magazin gegenüber vorsichtig andeutete. Um den Umsatz mit Bezahl-Inhalten anzukurbeln, soll es künftig möglich sein, innerhalb einer App Verkäufe zu tätigen. Damit wird das kostenpflichtige Nachladen von neuen eBooks, Zeitschriften oder Spiele-Levels möglich wie auch das Verbreiten von Demo-Versionen, die sich ohne die Installation einer neuen App in eine Vollversion verwandeln ließen. Apple plant ja derzeit etwas ähnliches.

Allerdings gehen die Pläne noch weiter. So soll es künftig möglich werden, Apps nicht nur per Kreditkarte zu bezahlen, sondern einfach mit der nächsten Telefonrechnung. Im Prinzip eine nette Idee, erinnert mich allerdings an einige unerfreuliche Abofallen, in die Jugendliche vor einigen Jahren noch gerne getappt sind, wenn sie sich Klingeltöne besorgt haben. Bei separater Abrechnung habe ich einfach eine bessere Kostenkontrolle, wenn ich die Buchung schon kurze Zeit später im Homebanking einsehen kann, und muss mich im Reklamationsfall nicht noch mit einer zusätzlichen Partei, nämlich meinem Mobilfunk-Provider, herumschlagen. Aber klassische Zahlungsweisen werden wohl erhalten bleiben.

Egal, ein größeres Minenfeld sind “soziale Funktionen”. Apps sollen künftig Zugriff auf das Adressbuch des Benutzers bekommen. Vermutlich wird man dieses mit einem Tap auf OK beim ersten Start der App genehmigen dürfen – und zwar nach dem “Friss oder Stirb”-Prinzip: Wer beispielsweise die Facebook-App verwenden will, muss es abnicken oder eben drauf verzichten. Wenn man sich ansieht, wie dumm sich Google bei Buzz angestellt hat, merkt man, dass hier die größte Gefahr besteht, Fehler zu machen.

Interessant ist der Plan, dass Android-Apps künftig auf HTML5 basieren können. Das soll die Entwicklung vereinfachen und somit die Zahl der Apps steigern. Dieser Schritt kann auch gegen Fragmentierung in etliche Android-Versionen helfen. HTML5 sollte schließlich überall laufen und nicht auf die gerade neueste Android-Version begrenzt sein. Interessant finde ich es deshalb, weil Palms bisher ziemlich erfolglose Handy-System WebOS ganz ähnlich funktioniert: Auch hier laufen Apps auf der Basis von HTML und JavaScript.

Unterm Strich ist es fraglich, was diese Änderungen bringen werden. In-App-Verkäufe können den Umsatz natürlich ankurbeln, aber Apple plant ähnliches. Die Vereinfachung der Entwicklung kann dazu führen, das der Anteil mieser Apps im Market steigt. Vielleicht ist die Zahlungsbereitschaft von Apple-Kunden höher, während Android dem Open-Source-Gedanken näher steht – tatsächlich vertragen sich die Bedingungen von Apples App Store ja auch explizit nicht mit Software, die unter GPL veröffentlicht wird.

Hauptgrund für den eher schwachen Umsatz im Market wird aber doch die Fragmentierung sein. Gerade aufwändige und teure Anwendungen wie Spiele müssen für etliche Versionen angepasst werden – ein Aufwand, der beim iPhone wesentlich geringer ist. Dass Apps unter Android künftig auch unter HTML5 laufen können und somit nur noch eventuelle Browser-Updates benötigen, ändert nicht viel daran – leider mussten zu viele Käufer von Android-Handys bisher die Erfahrung machen, dass eigentlich längst verfügbare Updates für ihr Gerät nicht oder erst mit monatelanger Verspätung bereitstehen. Entsprechend wird es dauern, bis alle im Umlauf befindlichen Handys HTML5 können. HTML5 ist nämlich nicht fertig, sondern kann sich jederzeit selbst ändern…


 
 
 
 

3 Kommentare zu “Google ist unzufrieden und krämpelt den Android Market um”

  1. Michael - 27. Januar 2011 um 08:51

    Es ist Unsinn vom Autor zu behaupten, dass der Hauptgrund für den schwachen Umsatz die “Fragmentierung” sei.

    Ich bin selbst Android-Entwickler. Und ganz ehrlich: Die “Android-Fragmentierung”, die so gerne von der IT-Boulevard-Presse bemüht wird, war noch nie ein grosses Problem. Zudem sind derzeit schon 87% aller Geräte im Feld mit mindestens Android 2.1 ausgerüstet. Und schon diese Version genügt für alle Arten von Applikationen.

    Aus meiner Sicht ist der Hauptgrund für schleppende Verkäufe im Android-Market ganz einfach: Es gibt keinen Zwang, Kreditkartendaten zu hinterlegen, nur um das Gerät benutzen zu dürfen (ja, ich weiss, auch ein iPhone könnte man aktivieren ohne Kreditkarte. Doch der Druck, den iTunes ausübt, dies doch zu tun, der ist schon bemerkenswert)

    Und dann ist da natürlich noch das Kostenbewusstsein: Android-User sind generell nicht bereit, für ein ‘Gadget’ sehr viel Geld auszugeben, wohingenen iPhone-User wie Lemminge einfach bezahlen und bezahlen, nur um die fetten Apple-Aktionäre noch fetter werden zu lassen :-)

    Mike

  2. Enno Park - 27. Januar 2011 um 14:56

    @Michael Danke für die Hinweise. Als Entwickler kannst du das sicher besser beurteilen. Ich bin mir nicht sicher, ob es diesen “Zwang”, Kreditkartendaten zu hinterlegen wirklich gibt. Immerhin kann ich einen iTunes-Account auch ohne diese Daten haben und brauche sie erst, wenn ich einen Song oder eben eine App kaufen will. Früher oder später kommt der Wunsch danach auf und man hinterlegt seine Daten eben doch. So geschehen bei mir mit dem Palm Pre. Interessant wäre zu wissen, wieviele User auf den beiden Systemen keine Kreditkarte angegeben haben und wie hoch eigentlich die durchschnittlichen Preise für eine App sind. Die scheinen mir bei iOS ein gutes Stück höher zu sein. iOS-Nutzer sind tendenziell wohlhabender und da mag das Geld etwas lockerer sitzen, aber so viele “Spielkinder” kenne ich eigentlich gar nicht, die dauernd Geld für Quatsch-Apps ausgegen. Stattdessen bekomme ich ständig von großartigen iOS-Apps mit, die es nicht (oder nicht so gut) auf Android und WebOS gibt. Schönes Beispiel ist Birdbrain oder Reeder. Das wäre mir nicht nur Geld für ne App wert, sondern ist fast schon ein Kaufkriterium, mir überhaupt privat ein iOS-Gerät zu kaufen. (Habe ich bisher nicht.)

  3. oli - 27. Januar 2011 um 18:19

    “In-App-Verkäufe können den Umsatz natürlich ankurbeln, aber Apple plant ähnliches.”
    Apple hat doch bereits seit iOS 3.0 In-App-Verkäufe, also seit Sommer 2009. Oder ist hier was anderes gemeint?