Podcasting in Deutschland – eine Bestandsaufnahme

Am 20. Juni lädt das Podcamp niche09 nach München ein. freshzweinull ist Medienpartner und selbstverständlich vor Ort. Im Vorfeld haben wir uns aber schon einmal Gedanken über den Stand der Podcasts in Deutschland gemacht und möchten Euch gerne daran teilhaben lassen. Werden sie wie Studien behaupten zum Mainstream oder ist hierzulande ihre Glanzzeit vielleicht schon vorbei?

Aller Anfang ist schwer …

Als das Thema Podcast 2005 erstmals in Deutschland ins Licht der Öffentlichkeit rückte, schossen Vereine, Communities und Portale förmlich aus dem Boden. Doch die breite Masse der Internetnutzer konnte nicht erreicht werden. Vermutlich lag das auch daran, dass die Erklärungen abschreckten: Einen Podcatcher installieren, um den RSS-Code zu abonnieren und die Episoden dann vom Rechner auf den MP3-Player synchronisieren? Komisch, dass nicht allen sofort klar war, welch herausragenden Nutzen die Podcasts bieten …

Podcast Prinzip

Mainstream & Massenmedium – weiterhin nur in der Studien-Glaskugel

eMarketer überraschte uns nun kürzlich mit der Nachricht, dass in den USA bis 2013 Podcasting zum Mainstream wird. Laut der Studie laden in den USA derzeit 17,4 Millionen User Podcasts herunter, die Zahl soll sich bis 2013 auf 37,6 Millionen mehr als verdoppeln. Prozentual gesehen nutzten 2008 circa neun Prozent aller Internetnutzer Podcasts, bis 2013 soll der Anteil auf 17 Prozent steigen. Nicht, dass diese Prognosen an sich überraschend waren, die kannten wir bereits aus den Anfangszeiten. Zum Vergleich haben wir mal in alten Studien nachgeschaut: Laut einer PEW-Studie hatten im April 2005 bereits sechs Millionen US-Bürger einen Podcast heruntergeladen.

[ad#Newsletter-Textwerbung]

Eine Studie von Bridge Ratings ebenfalls aus dem Jahr 2005 sprach damals schon davon, dass sich Podcasting in den USA zum Massenmedium entwickelt. Die Zahl der User wurde für 2007 auf 21 Millionen und für 2010 auf 45 bis 75 Millionen Anwender (die bereits mindestens einmal einen Podcast gehört haben) geschätzt. Überrascht hat uns daher die Tatsache, dass obwohl die Userschaft nicht so wie erwartet explodiert ist, die Studienautoren von eMarketer nach wie vor das Thema so hoch einstufen. Außerdem würde ich diejenigen, die einmalig Podcasts ausprobieren, nicht als eigentliche Anwender beziehungsweise Nutzer bezeichnen.

Podcasting wächst trotzdem, oder?

Podcast-Portal iTunesHinzu kommt, dass das natürlich Zahlen aus den USA sind. Deutschland hinkte von Anfang an hinterher. Viele Portale wie podster.de und dopcast.de werden anscheinend nur noch am Leben erhalten und nicht mehr weiterentwickelt, die Vereine haben ihre Pforten längst geschlossen. Auch in meinem persönlichen Umfeld scheint die Zahl derer, die wissen, was Podcasts sind, nicht zuzunehmen. Eher im Gegenteil: Bisherige Nutzer zogen weiter und widmen sich lieber Twitter & Co.

podcast.de hatte im März etwa 8.200 eingetragene Podcasts, davon 6.300 aktiv. Die Zahl der angemeldeten Benutzer lag bei etwa 45.000, über 350.000 Besucher verzeichnet die Site im Monat. „Über die tatsächliche Nutzung kann ich mangels Zahlen leider nichts sagen“, erklärte Fabio Bacigalupo von podcast.de bei unserer Nachfrage, wie viele Podcasts denn tatsächlich bei ihnen konsumiert werden. Der Anstieg sowohl bei Podcast-Anmeldungen als auch bei Benutzerregistrierungen sei seit über zwei Jahren linear. Es gab keine gravierenden Änderungen über die letzten Monate.

Noch kein Mainstream

Auch hier sei ein kurzer Vergleich gewagt: Ende 2005 gab es bei podcast.de 900 aktive Podcasts, im Juli 2006 rund 2.400 bei etwa 20.000 Gesamtdownloads. Konfrontiert mit den eMarketer-Aussagen bestätigte Bacigalupo unsere Vermutung: „Nein, im Mainstream ist Podcasting noch lange nicht angekommen. Die Nutzung ist nach wie vor zu kompliziert. Da ist momentan leider auch keine Besserung in Sicht. Außerdem sind die Datentarife für mobile Nutzung zu hoch und restriktiv im Nutzungsumfang, um die Masse von einem Abschluss zu überzeugen“, verdeutlichte er. Trotzdem werde die Zahl der Podcast-Nutzer seiner Ansicht nach noch um ein Vielfaches steigen.

iPod WerbungWarf man einen Blick auf die bundesweit repräsentative ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 zeigte sich ein Phänomen: Die Nutzung von Audiopodcasts sank 2008 im Vergleich zu 2007 um die Hälfte von acht auf vier Prozent der Befragten. Die Nutzung von Videopodcasts stieg von vier auf sieben Prozent. Nun sind die ersten Ergebnisse aus dem Jahr 2009 veröffentlicht wurden. Leider noch nicht die Details, aber deutlich wird darin die stetig steigende Nachfrage nach multimedialen Inhalten. 62 Prozent (2008: 55 Prozent) aller Onliner rufen demnach Videos, zum Beispiel über Videoportale oder Mediatheken, ab und schauen live oder zeitversetzt Fernsehsendungen im Internet. 51 Prozent (2008: 43 Prozent) hören Audiofiles wie Musikdateien, Podcasts und Radiosendungen im Netz. Insgesamt stieg der Anteil der Internetnutzer in Deutschland laut Studie auf 67,1 Prozent (2008: 65,8 Prozent).

Podcast – oder nicht?

Aber genau da scheitert der Podcast mal wieder an seiner klaren Abgrenzung. Von Anfang an sprangen viele Anbieter im Netz auf den Trendnamen an und priesen all ihre Audio- und Video-Dateien plötzlich als Podcasts an – egal, ob RSS-Feed oder wiederholte Veröffentlichung. Mittlerweile gibt es den gegenteiligen Trend: Die User konsumieren die Dateien, ohne zu wissen, dass es Podcasts sind. Das macht es auch so schwer, die eigentliche Nutzung zu erfassen. Andererseits kann es auch ein Zeichen dafür sein, dass sie sich einfach in den Alltag integriert haben. Wir sind auf jeden Fall gespannt, welche neuen Erkenntnisse die niche09 liefert und halten Euch selbstverständlich auf dem Laufenden!

Bilder: podcast.de, Apple Inc.

6 Gedanken zu „Podcasting in Deutschland – eine Bestandsaufnahme“

  1. Also ich möchte auf Podcasts nicht mehr verzichten.
    Meistens höre ich die auf dem Weg zur Arbeit bzw. auf dem Weg nach Hause.
    Die Themenvielfalt ist einfach phantastisch und die Qualität der Podcasts (sowohl inhaltlich als auch technisch) steigt stetig.

  2. Von Mainstream in Sachen Podcasts kann bei Weitem noch lange nicht die Rede sein. Immer wieder treffe ich auf Leute, die durchaus netzaffin sind, denen ich erklären muss, was ein Podcast ist (wobei ich den Vorteil der Abonnierbarkeit per RSS und iTunes in der Erklärung erst mal außen vor lasse, ich beschreibe lediglich die Möglichkeit, Audio-Inhalte direkt im Browser zu hören oder auch sich das Zeug auf einen Player oder Handy zu übertragen).

    Erst gestern hab ich mich mit einem meiner Hörer zu einem netten Abend getroffen. Im Laufe des Abends rief er zu Hause an und erklärte, er habe den Macher eines Podcastes kennen gelernt, er könne das jetzt nicht so einfach erklären, was das sei…

    Mal ganz davon abgesehen: die breite Masse lässt sich weiterhin (leider) nur von Musik bedudeln, auf längere Wortstrecken lässt sich kaum jemand ein. Allenfalls hören manche Leute gelegentlich recyclte Kurzbeiträge aus dem Radio (in der Regel Comedy) nochmal nach.

    Auf der anderen Seite habe ich auch Menschen kennen gelernt, welche umgekehrt durch Podcasts das gesprochene Wort (wieder-) entdeckt haben.

  3. Die Verbreitung der podcasts wird stark damit zusammenhängen, wie gut die tragbaren Abspielmöglichkeiten wachsen. Wenn jeder kostenlos über sein Handy mit Stöpsel im Ohr unterwegs meinen Podcast hören kann, dann steigt auch das Interesse. Es muss so einfach sein, wie einen radiosender einzustellen, dann wird sich zeigen wie spannend die Leute privat produzierte Inhalte mit hohem Privatinhalt finden.

  4. die fragestellung ist falsch. es geht nicht um mainstream oder tot. kein podcaster hat je behauptet das podcass mainstream werden. sie sind schlicht teil der medienlandschaft. nicht mehr und nicht weniger. thats it.

  5. Die Bekanntheit des Medium Podcast ist auch von den großen Medien (Zeitschriften, Fernsehen) stark abhängig. Ich finde es schön, dass die Bekanntheit wächst und nach und nach mehr Podcasts entstehen.

Kommentare sind geschlossen.